Islam Web

  1. Ramadan
  2. Islām im Überblick

Enthaltsamkeit und Kultivierung der Erde – Teil 2

Enthaltsamkeit und Kultivierung der Erde – Teil 2

 Zuhd und die Bebauung der Erde:

Ein einseitiges Verständnis von Zuhd, das zur vollständigen Verneinung irdischen Besitzes und weltlicher Angelegenheiten auffordert und sich auf Texte stützt, die die Welt ablehnen und Reichtum verurteilen, hat maßgeblich zum zivilisatorischen Rückstand der Umma in einer Zeit des globalen Fortschritts beigetragen. Diese Interpretation führt zu einer passiven Haltung gegenüber weltlichen Angelegenheiten und stiftet künstliche Widersprüche innerhalb der scharîatischen Texte.

Tatsächlich steht Zuhd in keinem Widerspruch zum Ziel, die Erde zu bebauen. Der Qurân verknüpft die Anbetung Allâhs untrennbar mit der Kultivierung der Welt. So heißt es beispielsweise: „Dient Allâh! Keinen Gott habt ihr außer Ihm“ (Sûra 7:59). „So geht auf ihrem Rücken einher und esst von dem, womit Er (euch) versorgt“ (Sûra 67:15). „Wenn das Gebet beendet ist, dann breitet euch im Land aus und trachtet nach etwas von Allâhs Huld. Und gedenkt Allâhs viel, auf dass es euch wohl ergehen möge!“ (Sûra 62:10). „Er hat euch aus der Erde entstehen lassen und sie euch zu besiedeln gegeben“ (Sûra 11:61). Es ist unbestreitbar, dass das Prinzip der Anbetung und des Zuhd nicht im Widerspruch zum Streben nach einem geregelten Leben und der Erkundung der Welt steht. Zuhd ist eine innere Haltung, die den Gläubigen davon abhält, sich materiellen Gütern zu sehr zuzuwenden und sich auf das eigene Vermögen zu verlassen. Stattdessen sollte Reichtum als Mittel zum Zweck dienen, um Gutes zu tun und Nutzen zu stiften.

Der Islâm gebietet seinen Anhängern ein aktives und engagiertes Leben. Die gelebte Sunna des Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) ist ein Beispiel dafür. Er förderte den Aufbau des Staates und vernachlässigte dabei nicht die Finanzen und deren Vermehrung, um die Wahrheit und ihre Anhänger zu unterstützen. Auf der Grundlage von Zusammenarbeit, gegenseitiger Unterstützung und guter Beratung baute er die Gesellschaft auf. Er führte die Armeen, lehrte die Gläubigen, reformierte und kämpfte – unermüdlich bis zu seinem letzten Atemzug. Ein Vorbild in Frömmigkeit, Enthaltsamkeit und Wissen; Wissen über Allâh und die Wahrheiten der Welt und des Jenseits. Und doch weichen manche von seiner Sunna ab. Was ist Zuhd anderes als sein Weg? Was ist der Islâm anderes als seine Lehre? Sie wählen aus seiner Sunna manches aus, verwerfen aber anderes.

Eine weltliche Arbeit wird zu einer Arbeit für das Jenseits, wenn das Irdische dem Jenseitigen untergeordnet wird. Das Streben auf Erden, begleitet von der Absicht, die Erde zu bebauen und in Übereinstimmung mit dem Willen Allâhs, ist der Schlüssel, der gewöhnliche weltliche Handlungen in gottesdienstliche Handlungen für das Jenseits verwandelt und den Aufbau der Zivilisation zu einem Projekt für das Jenseits macht. Dies ist einer der Gründe für den Aufstieg des Islâm in der Welt. Die Anbetung und die Kultivierung der Erde sind miteinander verbunden und ergänzen sich gegenseitig. Aus dieser Symbiose erwuchs eine islâmische Zivilisation, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellte und sein Leben nach göttlichen Lehren ausrichtete.

Gutes Streben macht Reichtum tugendhaft und „rechtschaffen“. Er dient der Verbesserung des Lebens, dem Sieg der Wahrheit und der Überwindung des Falschen. So wird er zum höchsten Gut. Al-Buchârî überliefert in „Al-Adab Al-Mufrad“ von Amr ibn Al-Âs, dass der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zu ihm sagte: „O Amr, ich möchte dich an die Spitze einer Armee stellen, damit Allâh dich mit Beute segnet, und ich wünsche dir ein rechtschaffenes Vermögen.“ Ich sagte: „Ich habe den Islâm nicht angenommen, um Vermögen zu erlangen, sondern um des Islâm willen und um beim Gesandten Allâhs zu sein.“ Der Prophet sagte: „O Amr, wie gut ist doch rechtschaffenes Vermögen für den rechtschaffenen Mann.“

Die Verzerrung des Zuhd-Begriffs wird von Widersachern der islâmischen Kultur gezielt ausgenutzt. Indem sie zu einem radikalen Verzicht auf die Welt aufrufen, zielen sie darauf ab, Muslime aus allen gesellschaftlichen Bereichen zurückzudrängen. Sie reduzieren Religiosität auf leere Rituale und instrumentalisieren dafür bestimmte Gruppen, die sich zum Islâm bekennen. Jede Form aufstrebender Spiritualität und aktiven Engagements wird bekämpft, denn diese Kultur birgt ein enormes Potenzial. Sobald sie sich von falschen Vorstellungen befreit und ihre Ressourcen nutzt, kann sie sich selbst versorgen und Allâhs Willen verwirklichen. Die heutige Realität bestätigt diese Strategie: Muslime werden dazu gedrängt, Arbeit und Produktion aufzugeben und so ihre gesellschaftliche Rolle einzuschränken.

 

 

Verwandte Artikel