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Aktives Zuhören

Aktives Zuhören

Fehlende Kommunikation ist die gängige Ursache beim Abbruch der Beziehungen zwischen Erwachsenen und Jugendlichen. Dies ist zwar überwiegend darauf zurückzuführen, dass eine oder beide Seiten nicht genug miteinander sprechen (ein Problem, das getrennt diskutiert werden muss), doch liegt die Schuld in erster Linie bei den Erwachsenen, die oftmals keine aktiven Zuhörer sind.

Erstes Beispiel: Ein Vater hält eine lange Rede über die Übel der Unehrlichkeit, während sein jugendlicher Sohn verblüfft dasitzt, denn er war an dem Tag abwesend, als seine Freunde Zigaretten aus dem Wagen des Hausmeisters gestohlen hatten.

Einige Eltern glauben, dass sie einfach alles über uns wissen, was es zu wissen gibt. Sie begehen den Fehler, ihre Aufgabe als Vormund zu erfüllen, ohne sich unsere Seite der Geschichte anzuhören.

Wenn sich daran nichts ändert, stößt ihr Rat auf taube Ohren. Dann beginnen die Eltern sich zu fragen, was sie tun könnten, damit ihre Kinder ihnen zuhören. Der Schlüssel zu einer funktionierenden Beziehung ist nämlich das Zuhören. Allâh warnt uns davor, von denen zu sein, „die sagen: ‚Wir hören‘, während sie doch nicht hören!“ (Sûra 8:21).

Zweites Beispiel: Ein junges Mädchen beschwert sich, dass ihre Mutter ihr nicht zuhört, wenn sie versucht, Dinge zu besprechen, die ihr wichtig sind, wie z. B. den Ärger mit Gleichaltrigen. In solch einer Situation schickt die Mutter sie einfach weg, weil sie ihre Probleme nicht versteht. Dies ist das Gegenteil des oben geschilderten Falls. Die Eltern sind überfordert oder wissen wegen der sich ständig wechselnden, für sie unergründlichen Phasen des Kindes einfach nicht mehr weiter. Die Bitte um aktives Zuhören bedeutet nicht immer, dass ihr auf alles eine Antwort haben müsst (obwohl es wunderbar wäre), aber es ist eine Möglichkeit für uns, unseren Gefühlen freien Lauf zu lassen und dabei Einblicke in das Leben zu geben, das wir führen, damit ihr versteht, wohin unsere Reise geht. Doch wenn wir abgewiesen werden und ein gewöhnliches Kopfnicken erhalten, während wir unser Herz ausschütten, wundert euch nicht, falls wir euch oder unserem Glauben gegenüber fremd werden.

Drittes Beispiel: Ein Jugendlicher wird zum Schweigen gebracht, weil er versucht, einen Standpunkt zu vertreten, der dem seines Islâmlehrers widerspricht. Es ist sicher keine Zeitverschwendung, die Ansichten der muslimischen Jugend von heute zur Kenntnis zu nehmen. Im Zeitalter der Globalisierung und des Fortschritts werden Jugendliche mit Begriffen der Aufklärung und der Freiheit überhäuft, die mit ihrem muslimischen Identitätsgefühl in Konflikt geraten. Wenn wir einen unangenehmen Punkt zur Sprache bringen oder versuchen, eine falsche Glaubensansicht zu beweisen, tauscht euch mit uns aus und führt eine ganz normale Diskussion. Wichtig ist, dass wir gehört werden. Wir werden dann sicher gewillt sein, Vernunft walten zu lassen.

Umar ibn Al-Chattâb (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) ließ Ibn Abbâs (möge Allâh mit ihm zufrieden sein), obwohl er noch jung, aber dennoch gelehrt war, mit den Ältesten sitzen, die in der Schlacht von Badr gekämpft hatten. Einige fanden das nicht gut. Einst fragte er Ibn Abbâs nach seiner Meinung über die Auslegung der Sûra An-Nasr, die sich von der einiger Anwesenden unterschied, wobei Umar ihm zustimmte. Was für eine erstaunliche Geste von einem so bedeutenden Mann, die Meinung eines Jugendlichen einzuholen!

Wir achten zwar die Älteren, aber wo sind diejenigen, die gütig mit uns umgehen? Wir leisten der islâmischen Lehre Folge, so wie sie von den Gelehrten vermittelt wird, doch wo sind jene, die uns zuhören? Wir versprühen vielleicht nicht immer die geistreichsten Gedanken, aber das bedeutet nicht, dass wir es nicht verdienen, vernommen zu werden. Wie könnt ihr uns verstehen, wenn ihr uns nicht einmal zuhört? Ihr dürstet danach, unsere Taten zu erfahren und unsere Beweggründe zu verstehen. Wie soll das aber gehen, wenn ihr euch nicht mit uns austauscht?

Das Gleiche gilt für uns, Freunde. So sehr wir es auch hassen: Wir müssen unsere Kopfhörer etwas anheben und den Dialog erleichtern. Unsere Eltern und Gemeindevertreter stützen sich auf Erfahrungen, wenn sie uns zu Karriere, Lebensführung und Religion beraten. Wenn wir nicht versuchen, sie selbst zu verstehen oder ihnen zuzuhören, sind wir nicht besser als diejenigen, die wir verunglimpfen.
 

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