Die Ka'ba: Das erste Haus der Anbetung - Teil 3
18/10/2010| IslamWeb
Das Haus allein für Allâh: Inzwischen sollte es absolut deutlich geworden sein, dass die Ka’ba ein gegenständliches Symbol des islâmischen Monotheismus ist und dass unsere Beziehung als Muslime zu ihr praxisbezogen, gefühlsbetont und spirituell ist. Obwohl wir die Ka’ba als „Das Haus Allâhs” bezeichnen, glauben wir in Wirklichkeit weder, dass Allâh sich in der Ka’ba befindet, noch dass die Ka’ba an sich ein Anbetungsobjekt ist. Allâh sagt uns im Qurân: „Allâhs ist der Osten und der Westen; wohin ihr euch auch immer wenden möget, dort ist das Antlitz Allâhs. Allâh ist allumfassend, Allwissend.” (Sûra 2:115)
Auf Grund purer Unwissenheit oder Böswilligkeit legen manche Leute die Bedeutung der Ka’ba sowie die Art und Weise unseres rituellen Gebets und des Haddsch als Überbleibsel heidnischer Riten, die die Araber in der Zeit vor dem Islâm praktizierten, falsch aus. Insbesondere weisen sie auf das Küssen des schwarzen Steins beim Haddsch hin und werfen die Frage auf, ob dies nicht eine Art Götzenanbetung ist.
Ein grundsätzlicher Teil unseres islâmischen Glaubens besteht darin, dass wir Allâh dem Allmächtigen keine Partner beigesellen. Deswegen ist es für den glaubenden Muslim undenkbar, dass man während des Gebets oder irgendeiner anderen Anbetungshandlung etwas Anderes außer Allâh anbetet. Aschraf Alî Thânawî sagt in seinem Werk „Aschraf Al-Dschawâb“: „[…] Kein Verehrer einer "Gottheit" (in gesunder geistiger Verfassung) kann den Gegenstand seiner Anbetung verleugnen […] Muslime lehnen es ab die Ka’ba anzubeten, und sie ist kein Sinnbild der Anbetung. Die Ka’ba dient lediglich als Gebetsrichtung.“
Nach weiteren Untersuchungen dieses Themas sagte Schaich A. Muhammad Salîm in einer Ansprache über das Thema Tawâf: „Wenn die Ka’ba vollständig zerstört wäre, würden wir uns nach wie vor derselben Qibla (Gebetsrichtung) zuwenden. Das Sakrosankte liegt in der Symbolik der Ereignisse, die dort stattfanden. Das Sakrosankte liegt in den Lehren, die wir aus diesen Ereignissen ziehen, um sie uns zu verinnerlichen und dadurch unser Selbst zu schützen, und sie in Form von Taten offenzulegen, um unsere Mitmenschen zu schützen. Das Sakrosankte liegt auf dem Weg der Rechtleitung, die diese Stätten symbolisieren: Den Weg, der den Menschen ermöglicht, eine Wesensart zu entwickeln, die uns Allâh näher bringt.“
Mit anderen Worten ist es nicht der materielle Baukörper der Ka’ba, den die Muslime als wichtig empfinden, sondern das, was er darstellt. Ähnlich ist es mit der emotionalen und spirituellen Verbundenheit, die wir zur Al-Aqsâ Moschee in Jerusalem und zur Stadt Jerusalem an sich haben.
Es gab sogar Zeiten in der Geschichte der Ka’ba, in denen sie sich in einem düsteren Zustand des Verfalls befand oder zerstört war. Und es gab sogar einen Zeitpunkt, in dem die Karmaten (eine abweichende Sekte) im zehnten Jahrhundert n. Chr. den Schwarzen Stein stahlen und ihn zwanzig Jahre lang behielten. Nichts davon hatte einen Einfluss auf die Funktion der Ka’ba im Islâm oder auf die Art und Weise, wie Muslime den Haddsch verrichteten. Zunächst einmal ist es überhaupt nicht notwendig den Schwarzen Stein zu küssen, um seinen Haddsch gültig zu machen. Man braucht ihn vielmehr zu Beginn eines jeden Umschreitens beim Tawâf einfach nur mit seiner rechten Hand zu berühren oder auf ihn zu zeigen.
Wenn man allerdings mit seinem Tawâf beginnt, wird diese Handlung im Namen Allâhs ausgeführt, indem man sagt: „Bismillâhi wa Allâhu Akbar. Allâhumma îmânan bika wa tasdîqan bi-kitâbika wa wafâ'an bi-`ahdika wa ittibâ'an li-sunnati nabbiyyika (salla Allâhu alaîhi wa sallam).“ (Im Namen Allâhs. Allâh ist der Größte. O Allâh [Ich beginne diesen Tawâf], an Dich glaubend, die Wahrheit Deines Buches bestätigend, mein Abkommen mit Dir erfüllend und dem Beispiel des Propheten folgend.)
’Umar Ibn Al-Chattâb näherte sich dem Schwarzen Stein und küsste ihn. Dann sagte er : „Ich weiß, dass du nur ein einfacher Stein bist, der weder schaden noch nützen kann. Wenn ich nicht den Propheten dich küssen gesehen hätte, hätte ich dich niemals geküsst.“ (Al-Buchârî und Muslim)
Die Art des Haddsch wird nur von Menschen in Zweifel gezogen, die den Ursprung der Ka’ba oder die gesamte Botschaft des Islâm nicht kennen, die klar und deutlich den Glauben an nur Eine Gottheit betont. Die Pilgerfahrt zu Allâhs Haus war eingeführt worden, lange bevor dort von ’Amr ibn Luhayy Götzen aufgestellt wurden. Wenn wir begreifen, was Ibrâhîm repräsentierte und was er zu erreichen versuchte, dann gibt es keinen Spielraum dafür, den Haddsch als einen heidnischen Brauch zu beschreiben.
Allâh der Allmächtige sagt: „Sprich: Gewiss, mich hat mein Herr zu einem geraden Weg geleitet, einer rechten Religion, dem Glaubensbekenntnis Abrahams, als Anhänger des rechten Glaubens, und er war keiner der Götzendiener.“ (Sûra 6:161)
Das Herz des Islâm
Makka liegt im Herzen des Islâm und bildet den spirituellen Mittelpunkt der muslimischen Welt. Im Zentrum all dessen befindet sich die Ka’ba, ähnlich wie der Zellkern einer Zelle, der die Urzelle des Lebens ist. Materiell betrachtet kann der ganze Islâm mit diesem Verständnis formuliert werden. Wir wenden uns nicht nur im rituellen Gebet der Ka’ba zu und vollziehen als Ausdruck des anbetenden Dienens und der Einheit beim Haddsch den Tawâf um sie herum, sondern wir bestatten auch unsere Verstorbenen in eben derselben Richtung, wodurch wir die Ka’ba zum einzigen materiellen Objekt machen, mit dem wir uns sogar nach dem Tod fortwährend identifizieren.
Indem wir in immerwährender Verbindung mit der Ka’ba stehen, bleiben wir auch mit dem Kern unseres Erbes und der Botschaft des Islâm verbunden, die beide den Inhalt unseres Glaubens ausmachen. Indem wir den Haddsch als Reaktion auf die Einladung unseres Herrn und Schöpfers verrichten, erhalten wir die Möglichkeit, selbst herauszufinden, worum es sich handelt.