Verkündung des Haddsch
Nachdem die Ka’ba gebaut worden war, wurden die Haddsch-Riten etabliert. Allâh der Allmächtige sagte zu Abraham : „Und rufe unter den Menschen zum Haddsch auf, dass sie zu dir kommen zu Fuß und auf jedwedem schlanken Reittier aus jedweder fernster Gegend …“ (Sûra 22:27)
In den Versen, in denen erklärt wird, wie der Haddsch verrichtet werden muss, sagt uns Allâh: „Jenes! Und wer die sakrosankten Dinge Allâhs hoch ehrt, für den ist es besser bei seinem Herrn. Erlaubt ist euch das Vieh, außer dem, was euch verlesen wird. So meidet den Gräuel der Götzenbilder, und meidet die falsche Aussage, als Anhänger des rechten Glaubens gegenüber Allâh, die Ihm nichts beigesellen! Und wenn einer Allâh beigesellt, so ist es, als ob er vom Himmel herunterfiele und er dann von den Vögeln fortgerissen oder vom Wind an einen fernen Ort hinabgeweht würde.“ (Sûra 22:30-31)
Indem wir den Haddsch verrichten, ehren wir Allâh und bestätigen unseren Glauben an den Leitgedanken des Tauhîds oder an das Eins-Sein Allâhs. Es ist kein Zufall, dass man, wenn man sich in den Ihrâm begibt, das Folgende rezitiert: „Labbaîka Allâhumma labbaîk, labbaîka lâ scharîka laka labbaîk. Inna-l-hamda wa-n-ni’mata laka wa-l-mulk, lâ scharîka lak!“ (Hier bin ich, o Allâh, zu Deinen Diensten, hier bin ich zu Deinen Diensten! Hier bin ich zu Deinen Diensten! Du hast keinen Teilhaber. Hier bin ich zu Deinen Diensten! Wahrhaftig, aller Lobpreis und Segen gebührt Dir und alle Hoheitsgewalt. Du hast keine Teilhaber!)
An vielen Stellen im Qurân bezeichnet Allâh die Ka’ba als „Sein Haus“. Wir besuchen dieses Haus tatsächlich in Erwiderung auf Seine Einladung. Abû Huraira berichtete, dass der Prophet sagte: „Die Pilger und jene, die Umra verrichten, sind Allâhs Gäste. Ihre Gebete werden erhört und ihre Bitte um Vergebung wird ihnen gewährt.“ (An-Nasâ‘i und Ibn Mâdschah)
Beim Besuch dieses besonderen Hauses, das wir Ka’ba nennen, gehen wir genau zu dem Ort zurück, an dem Ibrâhîm stand und uns zum ersten Mal zum Haddsch aufrief. Bei der Verrichtung der Riten wiederholen wir die wichtigen Aspekte der Anstrengung, die Ibrâhîm unternahm, um die Ka’ba zu errichten und an die Opfer, die Ibrâhîm und seine Familie sowie jene Generationen von Gläubigen, die nach ihnen kamen, bringen mussten. Auf diese Weise ist der Haddsch ebenso sehr eine Reise zur Seele des Islâm sowie zum Hause Allâhs.
Die Frühgeschichte der Ka’ba
Im Laufe der Jahrhunderte nach der Errichtung der Ka’ba durch Ibrâhîm übernahmen verschiedene Stämme die Verantwortung für deren Pflege. Der erste dieser Stämme war der Stamm von Dschurhum, derselbe Stamm, in den Ismâ'îl einheiratete als, dessen Mitglieder sich im Tal niederließen, in dem er sich mit seiner Mutter aufgehalten hatte. Danach wechselte die Macht in Kürze zum Stamm der `Amâligha und dann wieder zurück zum Stamm Dschurhum. Eine andere Gruppe, der Stamm von Chuzâ’a wurde stark und brachte es zustande den Stamm von Dschurhum aus Makka zu vertreiben und die Kontrolle über die Ka’ba zu übernehmen.
Der Stamm der Dschurhum hatte das Gebiet zuvor mindestens tausend Jahre lang beherrscht und seine Pflichten gegenüber Allâh nicht immer erfüllt, um die Sicherheit der besuchenden Pilger und die Unantastbarkeit der Ka’ba selbst zu wahren. Häufige Kriege nebst Überfällen auf die Pilger, um ihnen ihre Kostbarkeiten zu rauben, hatten zu einer gefährlichen und verdorbenen Atmosphäre geführt.
In derselben Zeit, als all dies geschah, wurden in vielen angrenzenden Gebieten Praktiken wie Wahrsagerei und Götzenanbetung alltäglich und die Leute waren allgemein im Aberglauben versunken. `Amr Ibn Luhayy, der Führer der Chuzâ’a, stellte Götzen in die Ka’ba und rief die Menschen auf sie anzubeten und behauptete, dass diese Götzen einen Allâh näher bringen können. Mit diesem Schritt erlangte die Ka’ba eine Aufgabe, die genau entgegengesetzt zum ursprünglichen Zwecks als Gebetsstätte für Allâh allein ohne Partner steht.
Deutlich gespalten
So erstaunlich es auch scheinen mag, gingen Pilger, die die Ka’ba besuchten, nun aus dem ausdrücklichen Zweck hin um Götzen zu verehren! Dieser Brauch gewann großflächig an Zustimmung und jeder Stamm schaffte sich seinen eigenen besonderen Götzen an um diesen in die Ka’ba zu stellen.
Die Chuzâ’a behielten einige hundert Jahre die Kontrolle über Makka, bis die Tochter eines ihrer Führer Qusayy ibn Kilâb heiratete, den fünften Vorfahren des Propheten Muhammad und einen Angehörigen des Stammes der Quraîsch. Die Umstände führten dazu, dass Qusayy die Herrschaft über Makka übernahm und die Quraîsch über etliche Generationen die Tradition der Götzenanbetung beibehielten, bis der Prophet Makka im Jahr 630 n. Chr. zurückgewann.
Während der Haddsch, so wie wir ihn heute kennen und ausüben, eine bedeutsame einheitliche Ausübung ist, waren die Pilgerreisen die von den Götzenanbetern im vor-islâmischen Arabien ausgeführt wurden, genau das Gegenteil. Mit jedem Stamm, der seinen eigenen Götzen und seine einzigartige Anbetungsweise hatte, gab es genauso viele Arten, die Pilgerfahrt zu verrichten. Einige verrichteten die Riten leise, während Andere laut herumschrien. Den Götzen wurden verschiedene Opfer dargebracht und die Wände der Ka’ba wurden regelmäßig mit Blut beschmiert. Einige Stämme verrichteten die Pilgerfahrt sogar unbekleidet. Alkohol, Poesie und unzüchtiges Benehmen waren wichtige Bestandteile dieser jährlichen Treffen. Der große jährliche Zustrom an Pilgern, verbunden mit deren Teilnahme an anderen Veranstaltungen, wie beispielsweise Messen, bedeutete eine stetige Einkommensquelle für die Herrscher Makkas.
Das Jahr des Elefanten
Im selben Jahr, in dem der Prophet geboren wurde (etwa 570 n. Chr.), wollte der abessinische König Abraha Al-Aschram die Araber dazu bringen die Pilgerfahrt zu einer Kirche einzuführen, die er im Jemen gebaut hatte und er versuchte die Ka’ba anzugreifen. In seinem Streben nach Macht und Ruhm sandte Abraha eine riesengroße Armee von Männern und Elefanten um seinen Auftrag durchzuführen. Als sie jedoch Makka erreichten, sandte Allâh Vogelschwärme um sie zurückzutreiben, indem sie von oben Steine auf die Soldaten herabfallen ließen. Jeder, der von einem Stein getroffen wurde, starb und die Armee wurde vernichtet. Dieser Vorfall wird im Qurân, in der Sûra Al-Fîl (Der Elefant), beschrieben. Allâh sagt: „Siehst du nicht, wie dein Herr mit den Leuten des Elefanten verfuhr?Ließ Er nicht ihre List fehlgehenund sandte gegen sie Vögel in aufeinanderfolgenden Schwärmen,die Steine aus gebranntem Lehm auf sie herunterfallen ließenund sie so wie abgefressene Halme machte?“ (Sûra 105:1-5)
Obwohl die Leute der Quraîsch Allâhs Haus als Ehrentempel für Götzen missbraucht hatten, erkannten sie dennoch die Existenz Allâhs an und begriffen, dass Abrahas Armee nur durch den göttlichen Schutz Allâhs geschlagen worden war. Allâh rief sie dazu auf, diese Wahrheit durch Entfernen ihrer Götzen und der Rückkehr zum anbetenden Dienen allein Ihm gegenüber, anzuerkennen. Allâh sagt: „So sollen sie dem Herrn dieses Hauses anbetend dienen,Der ihnen Speise nach ihrem Hunger gegeben und ihnen Sicherheit nach ihrer Furcht gewährt hat.“ (Sûra 106:3-4)
Durch die Geburt des Propheten wurde die Botschaft des Monotheismus als Reaktion auf das Bittgebet Ibrâhîms Jahrhunderte zuvor, bald wiederbelebt: „Unser Herr, schicke zu ihnen einen Gesandten von ihnen, der ihnen Deine Verse verliest und sie das Buch und die Weisheit lehrt und sie läutert! Du bist ja der Allmächtige, der Allweise.“
In nur wenigen Jahren war der Gesandte Allâhs siegreich in Makka und zerschmetterte die Götzen, die sich in der Ka’ba befanden, um somit der Ka´ba ursprünglichen Zweck als Gebetsstätte für Allâh ohne Partner wieder herzustellen. Die ursprünglichen Riten des Haddsch, zu denen Ibrâhîm aufgerufen hatte, wurden wieder eingeführt. Und was am allerwichtigsten ist: Es änderten sich die Herzen der Menschen für immer.