Die meisten Eltern konzentrieren sich bei der Erziehung ihrer Kinder auf verbale Anweisungen, ohne zu wissen, dass die nonverbale Handlungsweise einen wesentlich größeren Einfluss auf sie hat. Die nonverbale Handlungsweise bezieht sich auf die Körpersprache, worunter die Blicke, die Handgestik, die Mimik, die Körperbewegung, die Kleidung, der Geruch und die Berührung zu verstehen sind. Der Körper kann nonverbal kommunizieren und effektiver als die Sprache zum Erziehungsprozess beitragen. Wir beobachten, dass viele Eltern die falschen Verhaltensweisen ihrer Kinder missbilligen und sich fragen, wo sie sie aufgeschnappt haben! Würden sie über ihre eigenen Handlungen, ihr Verhalten und ihre Körpersprache reflektieren, fänden sie die Antwort unmittelbar vor ihren Augen. Es ist ihr eigenes Tun! Die nonverbale Handlungsweise beeinflusst die Werte und das Verhalten der Kinder mehr als verbale Anweisungen.
Ich erinnere mich, dass sich einmal eine Mutter an mich wandte, um herauszufinden, warum ihr Sohn sich ständig unruhig verhielt, obwohl sie ihn häufig anwies, davon abzusehen, aber es schien, als ob ihre verbalen Anweisungen auf taube Ohren stießen. Ich fragte sie: „Wie oft sind Sie tagsüber aufgebracht?“ Sie antwortete: „Nun ja, ich bin ein nervöser Mensch, aber ich verliere nie die Beherrschung gegenüber meinem Sohn!“ Ich sagte: „Wenn Sie sich am Telefon über Ihre Freundin ärgern, die Stimme gegen das Hauspersonal erheben oder über den Kellner herziehen, weil sich Ihre Bestellung im Restaurant in Gesellschaft Ihres Sohnes verspätet, dann registriert er Ihre Anspannung in solchen Situationen. Im Grunde genommen vermitteln Sie ihm durch Ihr Beispiel, dass es angemessen ist, bei unangenehmen Situationen die Beherrschung zu verlieren! Sie haben Ihren Sohn durch Ihr Handeln und Ihre Körpersprache zu diesem Verhalten erzogen. Wir bezeichnen dies als nonverbalen Dialog, dessen Wirkung auf den Beobachter erheblich ist. Laut Experten für zwischenmenschliche Kommunikation vermitteln Worte nur etwa 35 Prozent der Bedeutung einer Aussage, während nonverbale Elemente mehr als 65 Prozent vermitteln!“
Ähnlich verhält es sich, wenn ein Vater seinen Sohn anlügt und ihm sagt, dass er einen Arzttermin habe, während er tatsächlich einkaufen geht oder sich mit seinen Freunden trifft. Das Kind liest die Mimik des Vaters und weiß, dass es belogen wird, wodurch es das Vertrauen in ihn verliert. Wir sollten bedenken, dass Kinder wie ein kleines Stück Schwamm sind, der alles um sich herum aufsaugt. Ihr Verhalten wird durch das, was sie erleben, geprägt. Wenn ein Kind seinen Vater jeden Tag rauchen sieht, kann dem Kind durch keine verbale Anweisung beigebracht werden, dass Rauchen schlecht ist; Taten sprechen mehr als Worte.
Bei der Betrachtung der Sachlage erkennen wir, dass es viele Werte gibt, die unsere Kinder von uns gelernt haben, während wir uns dessen nicht bewusst sind. Das liegt daran, dass wir uns mehr auf verbale Anweisungen konzentrieren als auf nonverbale. Wir bringen unseren Kindern durch bestimmte Verhaltensweisen mehr bei als durch verbale Anweisungen. Ein vernünftiger Erziehungsprozess sollte sich nicht wesentlich auf verbale Anweisungen beschränken. Es hat sich gezeigt, dass die Erziehung durch vorbildliche Verhaltensweisen die effektivste Erziehungstechnik ist. Eine Studie in einer Londoner Zeitung unterstreicht, dass Neugeborene von ihren Eltern Humor lernen. Die Studie kam zu folgendem Fazit: „Ein Neugeborenes entwickelt einen Sinn für Humor, indem es die Reaktion seiner Eltern auf bestimmte Umstände beobachtet.“ Eine andere Studie ergab, dass sich Kleinkinder bis zum Alter von zwölf Monaten eine Meinung darüber bilden können, was sie sehen, indem sie sich auf die Reaktion ihrer Eltern konzentrieren. Sie lernen, was amüsant ist, indem sie die Reaktion ihrer Eltern beobachten. Wenn die Einflüsse einer nonverbalen Sprache der Eltern auf das kindliche Humorempfinden im ersten Lebensjahr so erheblich sind, wie wirkt sie sich dann auf andere Verhaltensweisen aus?
Ähnliches gilt für Werte wie Respekt, den Ausdruck von Liebe, Zuneigung, Entschuldigungen, Verzicht auf Spötterei usw. All diese Werte und Verhaltensweisen werden von den Eltern an die Kinder eher durch nonverbale Richtlinien als durch verbale Anweisungen weitergegeben.
Wenn wir das Leben unseres Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) betrachten und seinen Umgang mit jungen Menschen genau unter die Lupe nehmen, erkennen wir, wie sehr er darauf bedacht war, Kinder zu schätzen und sie mit dem gleichen Maß an Respekt zu behandeln, mit dem er auch Erwachsene behandelt hatte. Er würdigte die Rechte eines Menschen, unabhängig davon, wie alt er war. Er gab den Rechten Vorrang vor dem Alter. Falls er kleinen Kindern Unrecht zum Vorteil der Erwachsenen zugefügt hätte, wären sie zu einer Generation herangewachsen, die sich in ihren Rechten missbraucht gefühlt und dementsprechend ihren Ärger an der älteren Generation und der ganzen Gesellschaft ausgelassen hätte. Aus diesem Grund zeigte der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) eine besondere Aufmerksamkeit für den freundlichen Umgang mit jungen Menschen und bemühte sich, an ihrer Erziehung durch Vorbild und verbale Anweisungen teilzuhaben.
Ein hervorragendes Beispiel dafür ist die Erzählung mit Ibn Abbâs (möge Allâh mit ihm zufrieden sein), als er noch ein kleiner Junge war. Dem Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) wurde ein Getränk gebracht, während der junge Ibn Abbâs zu seiner Rechten saß. Er (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) trank etwas davon und sagte dann zu Ibn Abbâs: „Erlaubst du mir, diesen (alten) Menschen den Rest des Getränks zu geben?“ Ibn Abbâs (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) sagte: „Nein, bei Allâh, ich werde nicht zulassen, dass mir jemand mein Recht wegnimmt.“ Also übergab der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) es dem jungen Ibn Abbâs. Im vorliegenden Hadîth gab der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) Ibn Abbâs zuerst das Getränk, weil er an der Reihe war (da er zu seiner Rechten saß). Er (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hätte ihm sein gutes Recht nicht verweigert.
Genau dieses Bewusstsein wollen wir bei der Erziehung unserer Kinder erreichen, indem wir mit gutem Beispiel vorangehen und dies dann mit Gesprächen und verbalen Anweisungen unterstützen.