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Haddsch in Afrika

Haddsch in Afrika

Zwar haben die Menschen in Afrika ihre Haddsch-Pflicht bereits seit der Einführung des Islâms erfüllt, aber die Reisebedingungen waren so fürchterlich, dass man kaum die Rückkehr der nach Makka abreisenden Pilger erwartete. Folglich waren die Muslime bei der Abreise dazu genötigt, ihr Vermögen zu verkaufen und ihren Gemahlinnen die Möglichkeit zur Scheidung zu gewähren, falls sie nicht gemeinsam mit ihren Ehemännern zur Pilgerfahrt aufbrachen. Seinerzeit war die Abreise der Pilger in vielen afrikanischen Familien ein Grund zur Trauer von Verwandten und Bekannten. Die Gefahr, unterwegs durch Hunger und Gewalt den Tod zu finden, war außerordentlich hoch. Durch die Möglichkeit in den 70ern über den Flug- und Seeweg zu reisen, hat der Haddsch in Afrika eine neue Dimension gewonnen und die Zahl der Menschen, die durch das Land ziehen, erheblich verringert.

 
Im Dezember letzten Jahres versammelte sich unter einer ungewöhnlich heißen Sonne eine große Menschenmenge vor dem Islâmischen Zentrum in Dakar. Tausende kamen aus anderen Städten und dem Umland und standen Schlange, um die behördlichen Papiere für einen Haddsch nach Makka auszufüllen. Ein jeder von ihnen bezahlte 2.280 $ für ein Flugticket nach Dschidda. Bis zum Ende der Woche beendeten mehr als 5.500 Menschen die Formalitäten für eine Reise zu den heiligen Stätten in Saudi Arabien. Darüber hinaus haben sich diese Muslime noch vor dieser kolossalen Zusammenkunft einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Das Ergebnis ist ein Gesundheitszeugnis, das ausgestellt wird und bestätigt, dass jeder Anwärter für eine Pilgerreise die körperliche Eignung zur Erfüllung der Haddsch-Pflichten besitzt.
 
Die Haddsch-Reise nach Makka ist in Afrika ein ganz besonderes Familienereignis. Neben seinen geistig-religiösen Tugenden wird der Haddsch in Senegal und in vielen afrikanischen Ländern als soziales Ereignis gefeiert. Der Al-Haddschi (Ehrentitel für jemanden, der den Haddsch verrichtet hat) genießt in seiner Gemeinde großen Respekt und beste Behandlung. Daher ist das Interesse, den Ehrentitel des Al-Haddschi zu erwerben, besonders groß und bemerkenswert. Solch ein hohes Ansehen, die eine Pilgerreise dem Einzelnen verleiht, kann als Würdigung und Wertschätzung der Mühen verstanden werden, die jeder Einzelne zur Erfüllung der Haddsch auf sich nimmt. Das kann aber auch mit der Wirkungskraft der Bittgebete zusammenhängen, die man um die Gnadenerweise Allâhs spricht und eine sagenhafte Atmosphäre entstehen lassen.
 
Vor der Abreise nach Makka erhalten die Haddsch-Anwärter den „Yobeul“ bzw. ein Geschenk von Verwandten. Üblicherweise erhält man dieses Geschenk in Form von Geldzuwendungen, um den Reisenden bei seinen finanziellen Aufwendungen zu unterstützen. In jüngerer Zeit hat der „Yobeul“ unverhältnismäßig hohe Maße in Form von Geldbeträgen angenommen, die man den Pilgern anbietet. Dabei hat sich die anfänglich-soziale Bedeutung verändert. Während die Haddsch-Anwärter früher ihren Yobeul in Form von Naturalien wie Hirse und Reis oder Bargeld erhielten, sammeln mittlerweile einige Pilger vor der Abreise nach Makka ihren Yobeul derart, dass er dem Wert eines Flugtickets entspricht.
 
Die meisten Feierlichkeiten finden statt, sobald der Pilger heimkehrt. Von der Begrüßung am Flughafen bis hin zur ersten Woche nach ihrer Ankunft werden zahlreiche Feierlichkeiten zu Ehren des Al-Haddschi organisiert. Bei der Ankunft des Pilgers wird Zamzam (ein besonderes Wasser aus Makka) den zahlreichen Besuchern angeboten. Dabei erkennt man die Pilger ganz einfach an ihrer weißen Kleidung und dem Turban, den sie tragen. Trotz ihrer Müdigkeit ob der langen und anstrengenden Reise nehmen sich die Pilger Zeit für Gespräche mit den Besuchern, indem sie von den Problemen und Schwierigkeiten ihrer Reise berichten.
 
Verwandte aus anderen Städten und den Landregionen versammeln sich zwei Tage vor der Ankunft des Pilgers in seinem Haus. Häufig schlachtet die Familie des Pilgers eine Kuh, um die Besucher bewirten zu können. Während einige Pilger religiöse Feierlichkeiten organisieren, in denen sie ihren Dank und ihre Hingabe an Allâh zum Ausdruck bringen, veranstalten Frauen meistens gesellschaftliche Begegnungen, zu denen Verwandte und Freunde kostbare Geschenke mitbringen, die dann öffentlich zur Schau gestellt werden. Mittlerweile werden derartige Versammlungen meistens angeprangert, weil große Geldbeträge verschwendet werden. Gehört der Pilger einer großen Gemeinschaft an und hat er vor der Abreise nach Makka viele Geschenke von den Verwandten erhalten, erwartet man im Gegenzug von ihm zahlreiche Geschenke aus Makka, was wiederum dazu führt, dass er am Flughafen mit Übergepäck konfrontiert wird. Neben einigen auf die Gesellschaft bezogenen Interpretationen wird der Haddsch in Afrika mittlerweile weniger als Möglichkeit zum Erwerb eines Ehrentitels angesehen. Die Menschen in Afrika haben inzwischen begriffen, dass der Haddsch, ähnlich wie die anderen Elementarpflichten, ein Gebot Allâhs ist, das keine besondere Anerkennung erfordert.

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