Nach der Meinung der Mehrheit der Rechtsgelehrten – der Mâlikiten, Schafiiten und einer überlieferten Ansicht von Imâm Ahmad – ist der Say eine Säule des Haddsch. Die Hanafiten hingegen betrachten den Say des Haddsch als Pflicht, aber nicht als Säule. Die praktische Konsequenz dieser Meinungsverschiedenheit zeigt sich im Falle eines Pilgers, der den Say während des Haddsch unterlässt. Nach der Meinung der Mehrheit ist sein Haddsch in diesem Fall ungültig, da er eine Säule des Haddsch unterlassen hat. In der Rechtsschule der Hanafiten hingegen bleibt der Haddsch gültig, allerdings muss der Pilger eine Sühneleistung erbringen, wenn er den Say ohne Entschuldigung unterlässt, da dies als Versäumnis einer Pflicht angesehen wird.
Die Erleichterungen in Bezug auf den Say umfassen Folgendes:
1. Zeitlicher Abstand zwischen Tawâf und Say:
Tawâf und Say müssen nicht unmittelbar nacheinander vollzogen werden. Hat ein Pilger die Riten des Tawâf beendet, so kann er sich so lange ausruhen, wie er möchte, bevor er den Say vollzieht. Ahmad sagte dazu: „Es ist kein Problem, sich auszuruhen und den Say bis zum Abend hinauszuschieben.“ Atâ und Al-Hasan sahen es ebenfalls als unproblematisch an, wenn jemand, der am Morgen den Tawâf um die Kaaba vollzogen hat, den Say bis zum Abend hinauszögert. Denn wenn die unmittelbare Abfolge innerhalb des Say selbst nicht erforderlich ist, so ist sie zwischen dem Say und dem Tawâf erst recht nicht notwendig.
2. Keine Notwendigkeit der rituellen Reinheit für den Say:
Die Mehrheit der Rechtsgelehrten vertritt die Auffassung, dass für den Say zwischen Safâ und Marwa keine rituelle Reinheit erforderlich ist. Dies gilt sowohl für die rituelle Unreinheit als auch für die Unreinheit aus dem ehelichen Beischlaf oder der Menstruation. Begründet wird dies damit, dass unter den Riten des Haddsch – mit Ausnahme des Tawâf – keine rituelle Reinheit erforderlich ist. Für den Tawâf um die Kaaba hingegen ist die Reinheit nach einhelliger Meinung der Gelehrten erforderlich, außer in Notfällen, die bereits im Zusammenhang mit den Erleichterungen des Tawâf erwähnt wurden.
3. Erlaubnis, sich während des Say auszuruhen:
Wird ein Pilger während des Say müde, so ist es ihm erlaubt, sich hinzusetzen und auszuruhen. Anschließend kann er seinen Say zu Fuß, auf einem Wagen oder einem ähnlichen Transportmittel fortsetzen und zwar an der Stelle, an der er unterbrochen hat. Von Atâ ist überliefert, dass er es für unproblematisch hielt, wenn ein Mann sich während seines Say ausruht, nachdem er zwischen Safâ und Marwa den Tawâf vollzogen hat. Daraus folgt, dass die unmittelbare Abfolge zwischen den Umläufen des Say keine Bedingung für ihre Gültigkeit ist. Dies geht hervor aus den Worten sowohl von Schaich Ibn Uthaimîn (Allâh erbarme sich seiner) als auch von Imâm Ahmad, wie es Ibn Qudâma (Allâh erbarme sich seiner) in „Al-Mughnî“ erwähnt.
4. Unterbrechung des Say für das rituelle Gebet:
Wird die Iqâma zum rituellen Gemeinschaftsgebet gerufen, während sich ein Pilger noch im Say befindet und seinen Umlauf oder seinen Say noch nicht beendet hat, so soll er seinen Say unterbrechen und am Gemeinschaftsgebet teilnehmen. Sobald er den Friedensgruß des Gebets gesprochen und das Gebet abgeschlossen hat, kann er seinen Say an der Stelle fortsetzen, an der er vor der Iqâma aufgehört hat. Ein Neustart des Umlaufs ist nicht erforderlich.
5. Say vor dem Tawâf Al-Ifâda:
Vollzieht ein Pilger den Say zwischen Safâ und Marwa vor dem Tawâf Al-Ifâda, ohne zuvor den Tawâf Al-Qudûm oder einen anderen Tawâf vollzogen zu haben, so ist dies nach der Meinung von Atâ ausreichend. Ibn Dschuraidsch überlieferte von Atâ: „Wenn jemand mit Safâ und Marwa vor dem Haus (dem Tawâf der Kaaba) beginnt, so soll er den Tawâf um das Haus vollziehen, und dies ist ausreichend für ihn.“ Diese Meinung vertrat auch Sufyân At-Thaurî. Nach Ahmad ist dies ausreichend, wenn es aus Vergesslichkeit oder Unwissenheit geschah. Diejenigen, die diese Meinung vertreten, stützen sich auf den Hadîth von Usâma ibn Scharîk (möge Allâh mit ihm zufrieden sein), der sagte: „Ich brach mit dem Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zum Haddsch auf. Die Menschen kamen zu ihm und fragten: ‚Gesandter Allâhs, ich habe den Say vor dem Tawâf vollzogen‘, oder ‚Ich habe etwas vorgezogen‘ oder ‚Ich habe etwas hinausgezögert‘. Er sagte: ‚Macht nichts, macht nichts!‘“ (Abû Dâwûd).
6. Unterlassen eines Teils des Say:
Hat ein Pilger die meisten Umläufe des Say vollzogen und nur wenige unterlassen, so ist dies nach der Meinung der Hanafiten ausreichend. In diesem Fall muss der Pilger für jeden unterlassenen Umlauf (Schaut) eine wohltätige Spende (Sadaqa) entrichten. Dies basiert auf dem Grundsatz der Hanafiten: „Für alles, wofür man bei Unterlassung des Ganzen eine Sühneleistung erbringen muss, muss man bei Unterlassung eines Teils eine Spende entrichten.“