Drittens: Pflege der Verwandtschaftsbande
Die Pflege der Verwandtschaftsbande ist an sich schon Pflicht, doch gewinnt diese Pflicht nach dem Ableben von Vater und Mutter mehr an Bedeutung. Eine verwandtschaftliche Beziehung schließt die Onkel und Tanten väterlicherseits und deren Kinder, die Onkel und Tanten mütterlicherseits und deren Kinder sowie die Geschwister mit ein. Ein Kind sollte die verwandtschaftliche Beziehung zu ihnen pflegen, ihnen gegenüber Freundlichkeit zeigen, gute Worte wählen, wenn es spricht, und sie regelmäßig besuchen, damit die Verwandtschaftsbande nach dem Tod der Eltern nicht abgebrochen wird. Das Kind erhält Belohnung für die Pflege der verwandtschaftlichen Beziehung und für die Ehrerbietung gegenüber den verstorbenen Eltern.
Viertens: Ihre Freunde ehren
Womöglich hatten die Eltern zu Lebzeiten enge Freunde. Es gehört zur Ehrerbietung und ist ein Zeichen der Liebe und Wertschätzung, gute Beziehungen zu ihren Freunden zu pflegen. Ibn Umar (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) überlieferte, dass der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Die beste Ehrerbietung ist, wenn das Kind gute Beziehungen zu denen pflegt, die sein Vater liebte“ (Muslim).
Ibn Dinar (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) sagte über Abdullâh ibn Umar (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) dass dieser, wenn er nach Mekka reiste und zu müde wurde, um auf einem Kamel zu reiten, auf seinem Esel weiter ritt, um leichter zu reiten, und einen Turban um seinen Kopf wand. Als er eines Tages auf seinem Esel ritt, kam ein Araber vom Lande an ihm vorbei, und er (Ibn Umar) sagte zu ihm: „Bist du nicht Soundso, der Sohn des Soundso?” Der Mann sagte: „Ja, der bin ich.” Abdullâh gab ihm seinen Esel und sagte: „Reite du auf ihm!” Er gab ihm auch seinen Turban und sagte: „Winde du ihn um deinen Kopf!” Da sagten einige seiner Gefährten zu ihm: „Möge Allâh dir verzeihen; du hast diesem Menschen vom Dorf den Esel gegeben, auf dem du leicht geritten bist, und den Turban, der deinen Kopf bedeckt hatte.” Er sagte: „Ich hörte den Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagen: ‚Die beste Ehrerbietung ist, wenn ein Mann gute Beziehungen zu denen pflegt, die sein verstorbener Vater liebte.‘ Der Vater dieses Mannes war ein Freund von (meinem Vater) Umar (möge Allâh mit ihm zufrieden sein)” (Muslim).
Abû Burda ibn Abû Mûsâ Al-Asch’arî (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) sagte: „Ich ging nach Medina. Abdullâh ibn Umar (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) besuchte mich und sagte: ‚Weißt du, warum ich zu dir kam?‘ Ich sagte: ‚Nein.‘ Er sagte: ‚Ich hörte den Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagen: »Wer seinem Vater im Grab gegenüber ehrerbietig sein will, soll nach dessen Tod gute Beziehungen zu den Freunden seines Vaters pflegen.« Mein Vater Umar und dein Vater waren gute Freunde und Brüder (im Glauben) und deswegen wollte ich gute Beziehungen zu dir pflegen‘“ (Sahîh Ibn Hibbân).
Weitere Formen der Ehrerbietung gegenüber verstorbenen Eltern
Schulden tilgen, Gelübde erfüllen und Sühne in ihrem Namen leisten:
Ein Verstorbener wird erst dann ins Paradies aufgenommen, wenn seine Schulden beglichen sind. Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Dem Märtyrer wird alles außer (unbezahlte) Schulden vergeben.“
Was das Gelübde angeht, so wurde von Ibn Abbâs (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) überliefert: „Eine Frau begab sich auf eine Seereise und schwor, dass sie einen Monat lang fasten würde, wenn Allâh der Erhabene sie rettet. Allâh rettete sie aus der Gefahr, aber sie starb, bevor sie fasten konnte. Ein Verwandter von ihr, entweder ihre Schwester oder ihre Tochter, kam zum Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) und erzählte ihm, was geschehen war. Er sagte: ‚Wenn sie unbezahlte Schulden hätte, würdest du sie nicht tilgen?‘ Sie sagte: ‚Ja, ich würde!‘ Er sagte: ‚Schulden gegenüber Allâh haben mehr Anrecht bezahlt zu werden, so faste im Namen deiner Mutter‘“ (Authentisch gemäß den Bedingungen von Al-Buchârî und Muslim).
Es besteht kein Zweifel, dass dieser Hadîth auch für die Sühne gilt, da sie in Bezug auf die Regeln den Gelübden ähnlich sind. Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Wenn jemand gestorben ist und noch Fastentage zu leisten hatte, so soll sein Sachwalter für ihn fasten.“ Auf ähnliche Weise wurden auch Hadîthe über die Pilgerfahrt überliefert, welche man anstelle des Verstorbenen leistet.
Wohltätige Spende in ihrem Namen:
Hierbei handelt es sich um die beste Form, den verstorbenen Eltern Nutzen zu erweisen, da sich die Gelehrten einig sind, dass die Belohnung der Wohltätigkeit den Verstorbenen erreicht. Ibn Al-Mubârak (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Es gibt keine Meinungsverschiedenheit über die Zulässigkeit, im Namen eines Verstorbenen eine wohltätige Spende zu tätigen.“ Es wurde auch authentisch von Ibn Abbâs (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) überliefert, dass die Mutter von Sa’d ibn Ubâda (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) in seiner Abwesenheit verstarb. Er sagte: „Gesandter Allâhs, meine Mutter starb in meiner Abwesenheit. Nützt es ihr, wenn ich in ihrem Namen spende?“ Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Ja.“ Sa’d sagte: „Ich nehme dich als Zeugen, dass ich meinen Palmengarten Al-Michrâf in ihrem Namen spende“ (Al-Buchârî).
Eine der besten Formen der Spende ist eine nützliche Stiftung (Waqf), die man den Eltern widmet, den eine solche Stiftung lässt ihnen dauerhaft Belohnung zukommen. Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Die Belohnungen der guten Taten, die einen Gläubigen nach seinem Tod erreichen werden, sind: Wissen, das er gelehrt und verbreitet hat; ein rechtschaffener Sohn, den er hinterlässt; ein Mushaf, den er als Vermächtnis hinterlässt; eine Moschee, die er gebaut hat; ein Haus, das er für Reisende errichtet hat; ein Kanal, den er gegraben hat; oder Almosen, die er zu Lebzeiten gegeben hat, als er bei guter Gesundheit war. Diese Taten werden ihn nach seinem Tod erreichen.“ In einer anderen Version: „… ein Kind, das für ihn Bittgebete spricht“ (Ibn Mâdscha; authentisch nach Al-Albânî).
Der Bau von Moscheen, Wohnungen für die Armen, Krankenhäuser und Kliniken für die Bedürftigen, das Graben von Brunnen, der Druck des Qurân und nützlicher Bücher, die Versorgung von Waisen und Witwen, das Sponsern von Predigern und von Studenten islâmischer Wissenschaften sind allesamt Beispiele für beständige Wohltätigkeit, die langfristig Belohnung bringt.