Die Lebensweise, die ein Muslim in seinem irdischen Dasein annehmen und seine Reise ins Jenseits bestimmen sollte, wird im folgenden Vers und ähnlichen beschrieben: „Und diejenigen, die am Buch festhalten und das Gebet verrichten – gewiss, Wir lassen den Lohn der Heilstifter nicht verlorengehen“ (Sûra 7:170). Dieser Artikel enthält elf Denkanstöße. Dabei werden wir uns über die Lehren und Vorzüge, die sich aus dem Vers ergeben, Gedanken machen:
Erstens: Allâh sagt: „Und diejenigen, die festhalten …“ Im Arabischen haben die Verben „masaka“, „tamassaka“, „istamsaka“ und „imtasaka“ eine ähnliche Bedeutung: etwas halten, ergreifen, fassen oder umklammern.
Das Verb „massaka“ (an etwas festhalten) ist dabei im Arabischen etwas stärker als die anderen Verben. Es impliziert, dass man am Qurân festhält, danach handelt, sich seinen Bestimmungen ohne irgendeine Versäumnis fügt, zum Festhalten am Buch aufruft und diejenigen anprangert, die sich nicht danach richten.
„Festhalten“ meint also die Einhaltung der qurânischen Bestimmungen, den Aufruf an andere, sich an das Offenbarungsbuch zu halten, und die aufrichtige Befolgung der Lehren des Qurâns, ohne Ausreden oder andere Versuche, diese zu umgehen. As-Sa’di (Allâh erbarme sich seiner) sagte: „Sie halten fest am Buch in Bezug auf Wissen und Handlung. Sie lernen die darin enthaltenen Bestimmungen und Lehren, denn das Wissen darüber ist die edelste Disziplin. Ferner handeln sie nach den Geboten des Buches, die dem Auge und Herzen Ruhe bereiten, dem Geist Sicherheit schenken und sowohl im Diesseits als auch im Jenseits der Schlüssel zum Erfolg sind. Eine der wichtigsten Gebote ist die Verrichtung des Gebets. Dabei kommt es nicht nur auf die körperlichen Bewegungen an, sondern auch auf die Anwesenheit des Herzens. Deshalb hat Allâh der Erhabene das rituelle Gebet in diesem Vers hervorgehoben, um auf dessen Vorzüge, Stellung und Gewicht in der Waage des Glaubens hinzuweisen. Die Einhaltung des Gebets spornt einen Menschen dazu an, die anderen Anbetungshandlungen zu vollziehen.“
Zweitens: Allâhs Worte „am Buch“ meinen die Schrift der Thora, die sie von ihren Propheten übermittelt bekommen haben. Die Kinder Israels studierten die Thora, und Allâh schloss einen Bund mit ihnen, dass sie über Ihn nichts als die Wahrheit sagen sollten. Der Wortlaut des Textes sollte in Übereinstimmung mit den allgemeinen Angaben ausgelegt werden und nicht gemäß den Offenbarungsanlässen.
Drittens: Allâh der Allmächtige erwähnt die größte Anbetungshandlung nach dem Festhalten am Buch. Er sagt: „und das Gebet verrichten“, d. h. das Gebet auf die beste Art und Weise durchführen. Ein Gebet ist dann vollkommen, wenn ein Anbeter seines Herrn gedenkt und seine Ehrfurcht vor ihm in allen Arkân (Säulen) und Bewegungen des Gebets bewahrt. Allâh betont das rituelle Gebet in diesem Vers, weil es den Eckpfeiler der Religion und ihren Kern darstellt. Außerdem sagte der Prophet (möge Allâh in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken), dass es keinen Islâm ohne Gebet gibt. Darüber hinaus ist die Einhaltung des rituellen Gebets ein Mittel, Verbotenes zu verhindern. Allâh der Allmächtige sagt: „Gewiss, das Gebet hält davon ab, das Schändliche und das Verwerfliche (zu tun)“ (Sûra 29:45).
Viertens: Allâh der Erhabene erwähnt die Belohnung derer, die am Buch festhalten und das Gebet einhalten. Er der Allmächtige lässt es nicht zu, dass die Belohnung der Guten verlorengeht, denn sie sind aufgrund ihrer Bemühungen würdig, belohnt zu werden. Dieser Vers erwähnt die Belohnung und den Grund für die Belohnung.
Fünftens: Der Vers verwendet das Wort „Heilsstifter“, anstatt eines Pronomens (ihre). Die Âya liest sich daher wie folgt: „Wir lassen den Lohn der Heilstifter nicht verlorengehen“, anstatt „Wir lassen ihren Lohn nicht verlorengehen“. Dies ist auf zweierlei zurückzuführen: 1) Allâh weist darauf hin, dass Er allein in dieser Angelegenheit verfügt. 2) Der Grund für die Belohnung wird auf diese Weise genannt, nämlich dass es sich um Heilsstifter handelt.
Sechstens: Die Erwähnung der Heilsstifter weist darauf hin, dass das Festhalten am Buch mehr bedeutet, als sich nur nach dem Offenbarungsbuch zu richten. Es geht auch darum, dass man andere zum Buch Allâhs aufruft und sie zu diesem leitet.
Siebtens: Dieser Vers und ähnliche deuten darauf hin, dass Allâh Seine Propheten entsandte, um das Wohl der Menschen zu fördern und Schaden abzuwenden. Die Gesandten Allâhs kamen, um die Menschen sowohl im Diesseits als auch im Jenseits zum Guten zu führen. Wer also Nutzen stiftet, ist auf dem Weg der Gesandten, befolgt ihre Weisungen und hält an ihrer Methode fest.
Achtens: Wer der Methode des Qurân folgt, wird niemals Erniedrigung erleiden. Allâh der Erhabene sagt: „Wer also falsche Götter verleugnet, jedoch an Allâh glaubt, der hält sich an der festesten Handhabe, bei der es kein Zerreißen gibt“ (Sûra 2:256). Wer Gutes tut und gerecht ist, den wird Allâh mit Erfolg und Standhaftigkeit segnen.
Neuntens: Allâhs Worte „gewiss, Wir lassen den Lohn der Heilstifter nicht verlorengehen“ im Anschluss an den Satz „die am Buch festhalten und das Gebet verrichten“ weisen darauf hin, dass Wohl und Nutzen durch Menschen verwirklicht werden, die am Offenbarungsbuch festhalten und das rituelle Gebet verrichten. Eine Gesellschaft kann nur dann reformiert werden und richtig funktionieren, wenn die Beziehung zwischen Menschen und Schöpfer im Einklang mit der himmlischen Methode steht.
Zehntens: Der Autor von „Fî Dhilâl Al-Qurân“ schreibt: „Die Worte ‚die am Buch festhalten‘ vermitteln ein lebendiges Bild, das wir fast sehen und fühlen können. Das Offenbarungsbuch wird fest und ernsthaft umklammert. Genau so möchte Allâh der Erhabene, dass man sich Seinem Buch und den darin enthaltenen Lehren nähert und sich an sie hält: ohne Engstirnigkeit, Übertreibung und Strenge. Ernsthaftigkeit und Festigkeit sind etwas völlig anderes als Engstirnigkeit, Übertreibung und Strenge. Sie stehen auch nicht im Widerspruch zu Erleichterung, Aufgeschlossenheit und Berücksichtigung der Realität, sondern vielmehr zu Verwässerung (der Wahrheit), Nachlässigkeit und dazu, menschengemachten Gesetzen den Vorrang vor dem Gesetz Allâhs zu geben. Menschliche Praktiken müssen sich stets dem Gesetz Allâhs fügen. Das ernsthafte und entschlossene Festhalten an Allâhs Offenbarung und die Verrichtung des Gebets, das in diesem Zusammenhang symbolisch für alle Anbetungshandlungen steht, sind zwei wesentliche Faktoren der himmlischen Vorgehensweise, um das Leben der Menschen in Ordnung zu bringen. Der Vers verbindet das Festhalten am Buch Allâhs mit der Einhaltung der Anbetungshandlungen. Daraus lässt sich schließen, dass die Umsetzung der göttlichen Offenbarung zur Verbesserung des Lebens dient und die Durchführung der Anbetungshandlungen dem Inneren Heilung verschafft. Diese beiden Teile der Vorgehensweise verbessern das Leben und die Herzen der Menschen. Das Leben funktioniert nicht, wenn diese beiden Teile der himmlischen Vorgehensweise aufgegeben werden. Wenn die Menschen nicht entschlossen am Buch festhalten, es im täglichen Leben nicht umsetzen und die Anbetung unterlassen, die die Herzen heilt, dann werden die göttlichen Gebote und Normen untergraben, so wie es die Menschen der früheren Schriften getan haben. Dasselbe gilt für die Anhänger jedweder Schrift. Wer in den Anbetungshandlungen nachlässig wird, dessen Achtung und Ehrfurcht vor Allâh werden schwächer. Das göttliche System ist ganzheitlich. Es begründet das Leben auf der Grundlage des Buches und verbessert die Herzen durch Anbetung. Dementsprechend sind Herz und Buch im Einklang, so dass das Innere geheilt und das Leben in Ordnung gebracht wird. Dies ist die göttliche Methode; nichts kommt ihr gleich und niemand ersetzt sie mit einer anderen Vorgehensweise, außer dass er im Diesseits wie im Jenseits Leid und Strafe erfährt.“
Elftens: Der Vers birgt eine strenge Warnung an jene, die sich vom Buch abwenden. Außerdem enthält er ein Versprechen für solche, die an Allâhs Buch festhalten und die Muslime davor warnen, dem Beispiel derer zu folgen, die sich vom Qurân abwenden. Ferner zeigt dieser Vers, dass es nichts nützt, ausschließlich mit Worten um Vergebung zu bitten, falls keine Reue vorausgeht und gute Taten ihr folgen.