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Umar ibn Abdulazîz - Teil 2

Umar ibn Abdulazîz - Teil 2

Umar ließ den Schmuck des diesseitigen Lebens und lehnte alle Erscheinungsbilder der Herrschaft ab, die die Kalifen vor ihm übernommen hatten, und hielt sich in einem bescheidenen Haus ohne Wächter oder Pförtner auf. Er verbot sich selbst, sein eigenes Vermögen zu genießen, indem er es den Armen der Muslime gab. Umar verzichtete auf die Besitztümer, die er von seinem Vater geerbt hatte, und weigerte sich, ein Gehalt aus dem muslimischen Fiskus zu bekommen. Ebenso nahm er seiner Ehefrau Fâtima, der Tochter des Kalifen Abdulmalik ibn Marwân, deren Schmuck und kostbare Juwelen und forderte sie auf, diese dem Fiskus zu übergeben, und sagte zu ihr: „Entscheide dich: Entweder gibst du deinen Schmuck dem Fiskus zurück oder erlaubst mir, mich von dir scheiden zu lassen, denn ich verabscheue es, dass ich und du zusammen mit diesen Juwelierarbeiten in einem einzigen Haus leben. Du weißt genau, woher dein Vater diese Juwelen gebracht hat!“ Sie entgegnete: „Ich ziehe dich, o Fürst der Gläubigen, diesem Schmuck und dessen Vielfachen, wenn ich es hätte, vor.“ Dann gab Umar die Anweisung, dass man diese Juwelen wieder dem Fiskus zuführt.

 
Ihm war zu Ohren gekommen, dass einer seiner Söhne einen Ring mit einer Gemme für 1.000 Dirham gekauft hatte. Er schrieb an ihn, tadelte ihn und sagte zu ihm: „Verkauf ihn, speis mit seinem Erlös 1.000 Hungrige, kauf an seiner Stelle einen Eisenring und schreib auf ihn: »Allâh erbarme Sich jemandes, der seine Position kennt!«!“
 
Es wird erzählt, dass Umar ibn Abdulazîz  möge Allah mit ihm zufrieden sein einmal Äpfel an die Muslime verteilte. Während er diese an jeden Anspruchsberechtigten verteilte, nahm ein junger Sohn von ihm einen Apfel. Umar stand auf und nahm den Apfel aus seinem Mund. Der Sohn ging weinend zu seiner Mutter. Als die Mutter den Grund kannte, kaufte sie ihm Äpfel. Als Umar nach Hause zurückkehrte, roch er den Apfelgeruch und fragte dann seine Ehefrau: „O Fâtima, hast du etwas von den Äpfeln der Muslime genommen?“ Sie erzählte ihm, was geschehen war. Da sagte er zu ihr: „Bei Allâh! Es war, als ich meinem Sohn den Apfel entriss, als ob ich ihn meinem Herzen entreiße. Jedoch verabscheute ich es, dass ich ob eines Apfels unter den Äpfeln der Muslime zu Grunde gehe.“
 
Der Fürst der GläubigenUmar ibn Abdulazîz, in dessen Verfügungsgewalt das Vermögen des Staates und dessen Schätze standen, sagte eines Tages zu seiner Ehefrau: „Ich möchte Honig aus dem Libanon essen.“ Fâtima sandte jemanden zu ibn Ma‘d Yakrib, den Fürsten des Libanons, und teilte diesem mit, dass der Fürst der Gläubigen Honig aus dem Libanon essen möchte. Ibn Ma‘d Yakrib schickte ihr dann viele Mengen von Honig. Als Umar den Honig sah, wurde er verärgert und sagte zu ihr: „Es sieht aus, dass du, o Fâtima, jemanden zu Ibn Ma‘d Yakrib gesandt hast und er dir diesen Honig geschickt hat.“ Dann brachte er den Honig auf den Markt, verkaufte ihn und überreichte dessen Erlös dem muslimischen Fiskus. Alsdann schickte er zu seinem Statthalter im Libanon, tadelte ihn und ließ ihm ausrichten: „Wenn du noch einmal das Gleiche tust, wirst du überhaupt keine Arbeit für mich übernehmen und werde ich dein Gesicht nicht mehr anblicken!“
 
Umar ibn Abdulazîz war ein gerechter und nachsichtiger Mann. Er ging eines Nachts in die Moschee. Einer seiner Wächter war bei ihm. Als Umar die Moschee betrat, kam er in der Dunkelheit an einem schlafenden Mann vorbei und trat diesen versehentlich. Der Mann hob seinen Kopf und sagte zu ihm: „Bist du denn verrückt?“ Umar erwiderte: „Nein!“ Der Wächter von Umar wurde wütend und wollte den Mann schlagen. Jedoch verbot es ihm Umar und sagte zu ihm: „Der Mann fragte mich nur, ob ich verrückt sei, und ich erwiderte »Nein!«.“
 
Umar ibn Abdulazîz  möge Allah mit ihm zufrieden sein war sympathisch und barmherzig gegenüber Mensch und Tier. Eines Tages schrieb er an seinen Statthalter in Ägypten und sagte zu ihm: „Mir ist zu Ohren gekommen, dass die Lastenträger in Ägypten auf die Rücken der Kamele das aufladen, was diese nicht zu tragen vermögen. Wenn mein Schreiben zu dir gekommen ist, so verbiete, dass man auf ein Reittier mehr als 600 Pfund auflädt!“
 
Der in Ehrfurcht gegenüber Allâh demütige und enthaltsame Umar war darauf bedacht, weder sich vom Vermögen der Muslime zu ernähren noch etwas davon zu nehmen, denn es war ihm ein anvertrautes Gut. Allâh wird ihn am Auferstehungstag diesbezüglich zur Rechenschaft ziehen. Er hatte eine Laterne, bei deren Licht er die ihn betreffenden Angelegenheiten schrieb. Er hatte noch eine weitere Laterne für den Fiskus, bei deren Licht er die Interessen der Muslime und keinen Buchstaben für eigene Interessen schrieb. Einmal kochte man Wasser für ihn in der öffentlichen Küche. Da bezahlte er einen Dirham als Gegenleistung für das Brennholz.
 
Seine erste und letzte Sorge lautete, dass die Muslime in Macht und Ehre leben und Gutes und Sicherheit empfinden. Er schrieb an einen seiner Fürsten: „Einem muslimischen Mann steht unbedingt ein Haus zu, in dem er Zuflucht sucht, ein Diener, der ihm die Mühe erspart, ein Pferd, auf dem er seinen Feind bekämpft, und Möbel in seinem Haus.“ Umar wies seine Fürsten an, die Schulden Bedürftiger zu tilgen und jemanden zu verheiraten, der die Kosten der Heirat nicht aufbringen kann. Sein Ausrufer rief sogar jeden Tag: „Wo sind die Schuldner? Wo sind diejenigen, die heiraten möchten? Wo sind die Bedürftigen? Wo sind die Waisen?“ Er konnte sie allesamt durch die Gunstbezeigung Allâhs reich machen.
 
Umar ritt einmal aus, um Informationen aus den Ländern zu erhalten. Es begegnete ihm ein Medinenser. Da fragte ihn Umar nach der Lage in Madîna, und der Mann sagte zu ihm: „Ein Ungerechter dort ist ein Besiegter, und einem ungerecht Behandelten dort wird von allen Menschen zum Sieg verholfen. Die Wohlhabenden sind viel und die Armen nehmen ihre Rechte von den Wohlhabenden.“ Da freute sich Umar sehr und lobpreiste Allah. Ein Mann von den Nachkommen von Zaid ibn Al-Chattâb sagte: „Umar ibn Abdulazîz übernahm die Herrschaft für zweieinhalb Jahre. Er verstarb nicht, ohne dass man mit viel Vermögen zu uns kam und sagte: »Gebt nach eurem Gutdünken den Armen dieses Vermögen!« Man kam jedoch mit diesem Vermögen zurück; denn man suchte jemanden, dem man dieses Geld geben konnte, aber man fand niemanden. Dann kehrte man mit dem Vermögen zurück. Allâh hatte nämlich die Leute durch Umar reich gemacht.“
 
Man verlangte von Umar, dass er eine Anweisung gebe, die Hülle der Ka‘ba anzufertigen, wie man dies üblicherweise jedes Jahr tat. Er sagte: „Ich meine, dass ich mit dem Preis für die Hülle der Ka‘ba hungrige Leute speise, denn diese haben mehr Anspruch als die Ka‘ba.“ Nach der Zeitspanne seiner Herrschaft, die 29 Monate dauerte, verschlimmerte sich seine Krankheit. Sein Vetter väterlicherseits Maslama ibn Abdulmalik kam zu ihm und sagte zu ihm: „O Fürst der Gläubigen! Solltest du nicht etwas deinen Kindern vermachen, denn sie sind viel und du hast sie arm gemacht und nichts für sie hinterlassen?“
 
Umar antwortete: „Besitze ich etwas, was ich ihnen vermachen könnte? Oder weist du mich an, ihnen etwas aus dem muslimischen Fiskus zu geben? Bei Allâh, ich gebe ihnen nicht das Recht Anderer! Sie gehören zu einer der beiden folgenden Arten von Menschen: Entweder sind sie Rechtschaffene, dann macht Allâh Sich zum Schutzherrn ihnen gegenüber, oder Nicht-Rechtschaffene, dann soll ich für sie kein Vermögen hinterlassen, das ihnen bei der Sünde gegen Allâh hilft.“ Dann sammelte Umar seine Kinder, sah sie an und tastete mit seiner Hand ihre verschlissene Kleidung ab, sodass ihm Tränen in die Augen kamen, und sagte dann: „O meine Kinder! Euer Vater hatte die Wahl zwischen zwei Angelegenheiten: Entweder ihr werdet reich und euer Vater betritt das Höllenfeuer oder ihr werdet arm und euer Vater betritt das Paradies. Und er entschied sich für das Paradies. O meine Kinder! Möge Allah euch bewahren und versorgen! Ich lasse eure Angelegenheit bei Allah und Er macht Sich zum Schutzherrn der Rechtschaffenen.“
 
Dann sagte er zu seinen Familienangehörigen: „Geht hinaus!“ Sie gingen deswegen hinaus, während Maslama ibn Abdulmalik und dessen Schwester Fâtima vor der Tür saßen und Umar Folgendes sagen hörten: „Willkommen, o diese Gesichter, die weder Gesichter von Menschen noch von Dschinn darstellen!“ Dann rezitierte er folgende Worte: „Jene ist die jenseitige Wohnstätte. Wir bestimmen sie für diejenigen, die keine hohe Position auf Erden und keine Unmoral wollen. Und der endgültige Triumph gehört den in Ehrfurcht gegenüber Allâh Demütigen.“ (Sûra 28:83).
 
Umar verstarb, nachdem er das höchste Beispiel hinsichtlich Gerechtigkeit, Enthaltsamkeit und Frömmigkeit gegeben hatte. Es verstarb der Fürst der Gläubigen, der fünfte rechtgeleitete Kalif.
 

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