Der Monat Ramadân ist eine günstige Gelegenheit zum Bereuen der Sünden. Denn er ist der Monat der Reue. Daher sehen wir viele Menschen sich in diesem Monat Allâh zuwenden. Wir sehen die Moschee gefüllt, das Offenbarungsbuch Allâhs wird rezitiert und die Menschen wetteifern um gute Taten und mehren ihre Spenden und andere Anbetungshandlungen.
Welch gute und gehorsame Taten der Mensch auch verrichtet, so erfüllt er seine Pflicht gegenüber Allâh doch immer unzureichend. Manche Menschen begehen sowohl gute Taten als auch Sünden und sind somit der Reue und des Bittens um Vergebung noch bedürftiger. Es ist eine Barmherzigkeit von Allâh gegenüber dem Menschen, dass Er das Tor der Reue bis zu dem Tag offen gelassen hat, an dem die Sonne von ihrem Westen her aufgeht oder die Seele die Kehle erreicht. Ibn Al-Qayyim sagt über das Bedürfnis eines anbetend Dienenden nach Reue und dem Bitten um Vergebung: „Vergleiche deine Werke und deine Situation mit der gewaltigen Erhabenheit Allâhs und dem, was Ihm zusteht und wozu Er in der Lage ist! Wenn du siehst, dass sie es erfüllen und Ihm gerecht werden, dann brauchst du keine Reue. Wenn du siehst, dass selbst ein Vielfaches der Wahrhaftigkeit, der Aufrichtigkeit, der Reue, des Vertrauens, der Askese und der Anbetungshandlungen Ihm in keiner Weise Sein Recht gibt und einer einzigen Gnade dir gegenüber nicht gleichkommt, dann verstehst du die Notwendigkeit der Reue und auch, dass die Reue das Ende jedes Erkennenden der Wahrheit Allâhs und das Ziel jedes Schreitenden ist. Wenn man den Weg des wahren anbetenden Dienens nicht beschreiten kann, so ist auf die Reue Verlass ... Wenn die Seele eines Menschen die Hoffnung auf die Reue nicht verspürt, wird die Verzweiflung zwischen einem Menschen, der aus Wasser und Erde erschaffen wurde, und dem Gelangen zum Herrn der Welten etwas Trennendes schaffen. Dies gilt schon, wenn ein Mensch die ihm vorgeschriebenen Rechte seinem Herrn gegenüber erfüllt. Wie aber erst bei all dieser Unachtsamkeit, Nachlässigkeit und Unzulänglichkeit, indem der Mensch oft seine eigenen Wünsche den Rechten seines Herrn vorzieht und sich von diesem Vorgehen nicht befreien kann?“ Aus dem Buch Madâridschu-s-Sâlikîn.
Von Ibn Mas´ûd ist überliefert, dass er sagte: „Der Gläubige sieht seine Sünden wie ein unter einem Berg Sitzender, der Angst hat, dass dieser auf ihn fällt. Der Frevler sieht seine Sünden wie eine Fliege, die an seiner Nase vorbeifliegt. Dann macht er mit ihr so und so [gemeint ist: verscheucht sie mit einer Handbewegung].“ Überliefert von Al-Buchârî. Ibn Hadschar sagte: „Beim Gläubigen überwiegt wegen des starken Glaubens die Angst. Er fühlt sich ob der Stärke des Glaubens nicht vor Strafe sicher. Dies ist die Angelegenheit des Muslims: Er hat ständige Angst und fühlt sich immer von Allâh beobachtet. Er hält seine rechtschaffene Tat für gering und fürchtet sich vor seinen wenigen schlechten Werken.“ Al-Muhibb At-Tabarî sagte: „Diese Eigenschaft hat nur der Gläubige auf Grund seiner starken Angst vor Allâh und Seiner Bestrafung. Er ist sich seiner Sünden bewusst, ist sich aber der Vergebung nicht sicher.“ Aus dem Werk Fathu-l -Bârî von Ibn Hadschar.
Glückwünsche dem, der seine Zunge an das Bitten um Vergebung gewöhnt hat! Wir überbringen dir die frohe Botschaft in Form des Hadîthes des Gesandten Allâhs , den uns Abdullâh ibn Busr überlieferte: Der Prophet sagte: „Tûbâ (Der Name eines Baums im Paradies; kann hier als Anspielung auf das Paradies als solches verstanden werden.) für den, der auf seinem Blatt häufiges Bitten um Vergebung findet!“ Überliefert von Ibn Mâdscha. Al-Albânî hat den Hadîth für authentisch erklärt. Von Az-Zubair ibn Al-Awwâm ist überliefert, dass der Prophet sagte: „Wer möchte, dass sein Blatt ihn erfreut, der soll das Bitten um Vergebung auf ihm mehren!“ Überliefert von Al-Baihaqî. Al-Albânî hat den Hadîth für akzeptabel erklärt. Abû Al-Minhâl sagte: „Ein anbetend Dienender hat in seinem Grab keinen lieberen Nachbarn als das häufige Bitten um Vergebung.“ Aus dem Werk Dschâmi`u-l-`Ulûmi wa-l-Hikam.
Luqmân legte seinem Sohn das häufige Bitten um Vergebung ans Herz, indem er sagte: „O mein Sohn, gewöhne deine Zunge an das Bitten um Vergebung! Denn bei Allâhgibt es Stunden, zu denen der Bittende nicht zurückgewiesen wird.“ Al-Hasan sagte: „Mehrt euer Bitten um Vergebung in euren Häusern, an euren gedeckten Tischen, auf euren Wegen und Märkten, in euren Sitzungen und wo immer ihr seid! Denn ihr wisst nicht, wann die Vergebung herabgesandt wird.“ Qatâda sagte: „Dieser Qurân zeigt euch eure Krankheit und eure Heilmittel. Eure Krankheit sind eure Sünden und eure Heilmittel sind das Bitten um Vergebung.“ Iblîs, Allahs Fluch auf ihm, sagte: „Ich habe den Sohn Adams mit dessen Sünden vernichtet. Und sie haben mich mit »Lâ Ilâha illa-llâh« (Es gibt keine Gottheit außer Allâh) und dem Bitten um Vergebung vernichtet.“
Zu den wichtigsten Dingen, mit denen der Mensch sein Leben und seine Taten beenden sollte, gehört das Bitten um Vergebung. Dazu hat Allâh der Erhabene seinen Propheten am Ende dessen Lebens ermahnt, indem Er offenbarte: „Dann lobpreise mit dem Lobpreis deines Herrn ob SEINER Erhabenheit über jeden Mangel und bitte IHN um Vergebung; ER nimmt wahrhaftig Reue gnädig an!“ (Sûra 110:3).
Der Prophet setzte dies um, wie uns Âischa überlieferte: „Der Prophet verrichtete kein rituelles Gebet, nachdem »Wenn Allâhs Unterstützung kommt und der Sieg« zu ihm herabgesandt worden war, ohne in ihm zu sagen: »Gelobpreist seiest du, unser Herr, ob Deiner Erhabenheit über jeden Mangel! O Allâh, vergib mir!«“ Überliefert von Al-Buchârî. Er verstand den Qurân und handelte ihm gemäß.
Das Beste, mit dem ein Muslim sein Leben, seine Taten und die guten Zeiten abschließt, ist das Bitten um Vergebung. Daher schloss der Prophet sein Gebet mit dem Bitten um Vergebung ab. Er pflegte nach dem Beenden des rituellen Gebets drei Mal „Ich bitte Allâh um Vergebung“ zu sagen.
Das Bitten um Vergebung ist eine Eigenschaft derjenigen, die das Gebet in der Nacht verrichten: „und die um Vergebung Bittenden im Morgengrauen“. (Sûra 3:17).
Allâh erwähnt eine Eigenschaft der künftigen Bewohner des Paradieses: „Nur ein wenig von der Nacht ist es, was sie ruhig zu schlafen pflegen, und im Morgengrauen bitten sie um Vergebung.“ (Sûra 51:17-18).
Allâh hat die Pilger angewiesen, nachdem sie von der Arafât-Ebene hergeströmt sind, um Vergebung zu bitten: „Hierauf strömt weiter, woher die Leute weiterströmen, und bittet Allâh um Vergebung! Allâh ist wahrhaftig stets vergebend, allbarmherzig!“ (Sûra 2:199).
Es gibt weitere Dinge, die im Islâm mit dem Bitten um Vergebung abgeschlossen werden, wie die Sühne der Versammlung [es gibt ein bestimmtes Bittgebet, das man am Ende einer Versammlung sprechen soll, damit die während dieser Versammlung begangenen Sünden vergeben werden], die Beendigung des Wudû (der rituellen Gebetswaschung) etc.
Obwohl der Muslim den Monat des Fastens und des Verrichtens freiwilliger nächtlicher Gebete erlebt und sich Allâh mit vielen freiwilligen Taten genähert hat, ist er sich trotz seiner zahlreichen Taten bewusst, dass er seinem majestätischen Herrn nie Sein Recht wird geben können. Er wird diese Taten nämlich nicht in vollkommener Weise, sondern manchmal unvollkommen, fehlerhaft oder sogar achtlos und falsch verrichten. Daher muss der Mensch vermehrt um Vergebung bitten und sich Allâh reuig zuwenden. Damit sollte er diesen Monat abschließen. Das Fasten ist ein Schutz vor dem Feuer, solange man ihn nicht beeinträchtigt. Übles Reden beeinträchtigt diesen Schutz und das Bitten um Vergebung repariert entstandenen Schaden. Umar ibn Abdulzîz schrieb an die Provinzgouverneure und wies sie an, den Ramadân mit dem Bitten um Vergebung und dem Entrichten der Sadaqa Al-Fitr (die am Ende des Monates Ramadân zu entrichtende Zakat) abzuschließen. Die Sadaqa Al-Fitr ist eine Reinigung des Fastenden von Unsinn und übler Rede. Und das Bitten um Vergebung repariert beim Fasten durch Unsinn und üble Rede entstandenen Schaden.
Umar ibn Abdulazîz schrieb in seinem Schreiben: „Sagt, was euer Vater Adam sagte: »... Unser Herr, wir haben uns selbst Unrecht zugefügt, und wenn Du uns nicht vergibst und Dich unser nicht erbarmst, gehören wir ganz gewiss zu den Verlierenden!« (Sûra 7:23).
Und sagt, was Noah sagte: »Wenn Du mir nicht vergibst und Dich meiner nicht erbarmst, gehöre ich gewiss zu den Verlierenden!« Und sagt, was Moses sagte: »Mein Herr, ich habe mir selbst Unrecht zugefügt; so vergib mir!« Und sagt, was Dhû An-Nûn sagte: »Es gibt keine Gottheit außer Dir! Gepriesen seiest du ob Deiner Erhabenheit über jeden Mangel! Ich gehöre wahrhaftig zu den Ungerechten!«.“
Wir müssen, liebe Fastende, Tag und Nacht um Vergebung bitten, denn dies vernichtet die Sünden und Verfehlungen und bringt Barmherzigkeit und Regen. Dadurch wird man mit Vermögen und Nachkommen sowie mit Gärten und Flüssen versorgt und werden die Taten und das Leben abgeschlossen. Möge Allâh uns zu denen gehören lassen, die ständig um Vergebung bitten, die den Ramadân erfolgreich beenden und die frohe Botschaft von Barmherzigkeit, duftendem Basilikum und einem zufriedenem, nicht zürnenden Herrn erhalten! Er ist wahrhaftig der Sachwalter und dazu in der Lage! Möge Er den Gesandten Allâhs sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!