Der Gelehrte Ibn Taimiya verdeutlichte die Lage vieler Leute durch folgende Worte: „Es ist verwunderlich, dass es dem Menschen leicht fällt, sich vor dem Essen verbotener Dinge, vor Unrecht und Diebstahl, vor dem Trinken von Alkohol und dem Anblick verbotener Dinge etc. zu schützen. Gleichzeitig fällt es ihm aber schwer, seine Zunge im Zaum zu halten. Sogar den Mann, den man als religiös und asketisch bezeichnet, hört man unbedacht Worte sprechen, die Allâh erzürnen. Er stürzt durch ein Wort weiter hinab als die Entfernung zwischen Westen und Osten. Wie viele Männer sieht man sich frevelhafter und ungerechter Taten enthalten und dennoch ereifert sich ihre Zunge unbedarft über die Ehre der Lebenden und der Toten!“
1. Wenn Ibrâhîm An-Nacha´î von jemanden verlangt wurde, den er verabscheute, sagte er zu seinem Dienstmädchen: „Sag zu ihm, dass er mich in der Moschee verlangen soll und sag nicht, dass ich nicht hier bin! Sonst wäre es eine Lüge.“
2. Von einem Gelehrten ist überliefert, dass er einen Mann sah, der viel redete und wenig schwieg. Da sagte er: „Allâh hat dir zwei Ohren und eine Zunge geschaffen. Höre also doppelt so viel wie du sprichst!“
3. Von Ar-Rabî´ ibn Subaih ist überliefert, dass ein Mann zu Al-Hasan sagte: „O Abû Sa´îd, ich sehe eine Sache, die ich hasse.“ Er fragte: „Und um welche handelt es sich, mein Neffe?“ Er entgegnete: „Ich sehe Leute, die deiner Sitzung beiwohnen, nach deinen Fehlern suchen und sie dann verbreiten.“ Da sagte er: „O Neffe! Nimm das nicht so schwer! Soll ich dir über etwas berichten, was seltsamer ist?“ Er fragte: „Und was soll das sein, Onkel?“ Er antwortete: „Ich habe mir zum Ziel gemacht, in die Nähe des Allerbarmers zu gelangen, das Paradies zu erreichen, mich vor dem Feuer zu retten und die Propheten zu begleiten. Und ich habe mir nicht zum Ziel gemacht, einen guten Ruf unter den Leuten zu haben. Wenn einer vor den Menschen verschont bleiben müsste, dann ist es ihr Schöpfer, Der sie erschaffen hat. Und wenn Der, Der sie erschaffen hat, nicht vor ihnen verschont bleibt, dann erst recht nicht die Geschöpfe.“
4. Dschubair ibn Abdullâh sagte: „Ich sah wie ein Mann zu Wahb ibn Munabbih kam und sagte: „Die und die Person redet schlecht über dich.“ Da sagte Wahb: „Hat der Teufel jemanden gefunden, der mir diese Sache erzählt?“ Daraufhin kam der Mann, der über ihn geredet hatte, zu ihm geeilt, um ihm Ehre zu erweisen.“
5. Von Hâtim Al-Asamm ist überliefert, dass er sagte: „Wenn ein guter Sitzgefährte neben dir ist, achtest du auf deine Worte. Und deine Worte werden Allâh dargelegt, allerdings achtest du nicht auf Ihn.“
6. Abû Hayyân At-Tamîmî überlieferte von seinem Vater, dass dieser sagte: „Ich sah die Tochter von Ar-Rabî´ ibn Chutaim zu ihm kommen und sagen: „O mein Vater, soll ich spielen gehen?“ Er sagte: „O meine Tochter, gehe und sprich Gutes!“
7. Ein Mann verbreitete in Gegenwart von Ma´rûf Al-Karchî üble Nachrede, worauf dieser sagte: „Denk an die Baumwolle, wenn sie auf deine Augen gelegt wird!“ [Gemeint ist die Baumwolle, die auf die Augen des gewaschenen Toten gelegt wird.]
8. Ein Mann sagte zu Amr ibn Ubaid: „Al-Uswârî erwähnt dich in seinen Geschichten immer noch im Schlechten.“ Da sagte Amr zu ihm: „O du, du hast das Recht dieses Mannes nicht gewahrt, weil du seine Rede an mich weitergetragen hast. Und du hast mir mein Recht nicht gegeben, weil du mir über meinen Bruder erzählt hast, was ich nicht mag. Ich möchte ihn aber lehren, dass der Tod uns blind macht, das Grab uns umspannt und die Auferstehung uns versammelt. Allâh der Erhabene wird zwischen uns richten und Er ist der beste Richter.“
9. Zu Al-Mu´âfâ ibn Imrân wurde gesagt: „Was denkst du über einen Mann, der Gedichte schreibt und sie vorträgt?“ Er sagte: „Es ist dein Leben, beende es also wie du möchtest.“
10. Von Ibn Abbâs ist überliefert, dass er sagte: „Der Sohn Âdams spricht nichts, ohne dass es niedergeschrieben wird, sogar das Stöhnen während seiner Krankheit.“ Als der Imâm Ahmad erkrankte, wurde ihm gesagt: „Tâwûs verabscheute das Stöhnen während der Krankheit.“ Da unterließ er es.
11. Umar ibn Abdul´azîz sagte: „Wer versteht, dass seine Rede zu seinen Handlungen gehört, der beschränkt seine Rede auf das, was ihn betrifft.“
12. Al-Hasan ibn Sâlih sagte: „Wir haben nach der Frömmigkeit gesucht und sie in nichts Geringerem angetroffen als in der Zunge.“
13. Abdullâh Al-Chayâr sagte in seiner Sitzung: „O Allâh verschone uns und verschone die Gläubigen vor uns!“
14. Einige frühere Muslime sagten: „Dem Sohn Âdams werden die Stunden seines Lebens vorgeführt. Für jede Stunde, zu der er Allâhs nicht gedacht hat, wird sich seine Seele vor Kummer zerteilen.“
15. Al-Hasan ibn Basschâr sagte: „Ich habe seit dreißig Jahren kein Wort gesprochen, für das ich mich entschuldigen müsste.“
16. Bischr ibn Mansûr sagte: „Wir waren bei Ayyûb As-Sachtayânî. Wir begannen, mehr und mehr Unsinn zu reden. Da sagte er uns: „Hört auf! Ich könnte genauso viel reden wie ihr, tue es aber nicht.“
17. Wenn As-Scha´bî zu Hause aufgesucht wurde, dies aber nicht mochte, zeichnete er einen Kreis und sagte zu seinem Dienstmädchen: „Lege deinen Finger hierauf und sage: „Er ist nicht hier.““ Dies tut man nur in einer dringlichen Situation. Selbst wenn die Aussage keine Lüge ist, so vermittelt man doch etwas Falsches. Und das ist allgemein verpönt.
18. Ein Mann sagte zu Al-Fudail ibn Iyâd: „Jene Person verbreitet üble Nachrede über mich.“ Er sagte: „Er hat dir wahrhaftig viel Belohnung gebracht.“
19. Abdurrahmân ibn Mahdî sagte: „Wenn ich es nicht hassen würde, dass Allâh nicht gehorcht wird, wünschte ich mir, dass jeder zu meiner Zeit mich verleumden würde. Was ist denn schöner als die guten Taten auf dem Blatt eines Mannes am Jüngsten Tag, die er nicht verrichtet und von denen er nichts gewusst hat!“
20. Ein Mann sagte zu Bakr ibn Muhammad: „Ich habe gehört, dass du üble Nachrede über mich verbreitest.“ Er sagte: „Dann wärst du mir lieber als ich selbst.“
21. Ein großer Gelehrter träumte. Er wurde nach seiner Lage gefragt, worauf er sagte: „Mir ist der Eintritt in das Paradies auf Grund eines Wortes verwehrt, das ich sprach. Ich sagte: „Wie sehr die Menschen doch Regen benötigen.“ Da wurde mir gesagt: „Und was lässt dich wissen? Ich weiß besser über die Angelegenheit Meiner anbetend Dienenden Bescheid.““
22. Abdullâh ibn Muhammad ibn Ziyâd sagte: „Ich war bei Ahmad ibn Hanbal, als ein Mann zu ihm sagte: „O Abû Abdullâh, ich habe üble Nachrede gegen dich gesprochen. So verzeih mir!““ Er sagte: „Dir ist verziehen, wenn du es nicht noch einmal tust.“ Ich sagte ihm: „Verzeihst du ihm, o Abû Abdullâh, wo er dich doch verleumdet hat?“ Er sagte: „Siehst du nicht, dass ich ihm etwas auferlegt habe?“
23. Es kamen Leute zu Ibn Sîrîn und sagten: „Wir haben üble Nachrede über dich verbreitet, so verzeihe uns!“ Er sagte: „Ich erlaube euch nicht das, was Allâh verboten hat.“ Es war, als ob er ihnen damit ein Zeichen zur aufrichtigen Reue gegenüber Allâh und der Bitte um Vergebung gab.
24. Tauq ibn Munabbih sagte: „Ich trat bei Muhammad ibn Sîrîn ein, worauf er sagte: „Du siehst krank aus.“ Er sagte: „Das stimmt.“ Er sagte: „Gehe zu dem und dem Arzt und konsultiere ihn!“ Daraufhin sagte er: „Gehe zu dem und dem, denn er ist ein besserer Arzt als dieser.“ Daraufhin sagte er: „Ich bitte Allâh um Vergebung. Ich denke, ich habe ihn gerade verleumdet.“
25. Von Al-Hasan ist überliefert, dass ein Mann sagte: „Jene Person hat dich verleumdet.“ Daraufhin sandte er diesem einen Teller Datteln und sagte: „Ich habe gehört, dass du mir die Belohnung deiner guten Taten geschenkt hast. Dafür wollte ich dir entgegenkommen. Aber es tut mir leid, ich kann es dir nicht vollständig entlohnen.“
26. Von Abû Umâma Al-Bâhilî ist überliefert, dass er sagte: „Dem anbetend Dienenden wird am Tag der Auferstehung dessen Buch gegeben. Er sieht in ihm Belohnung für gute Taten, die er nicht verrichtet hat. Darauf sagt er: „O Herr, woher habe ich das?“ Da sagt Er: „Das ist für die üble Nachrede der Menschen, von der du nichts mitbekommen hast.“
27. Ein weiser Mann wurde gefragt: „Wie kann es sein, dass man den üblen Geruch der Verleumdung zur Zeit des Propheten wahrnehmen konnte, zu unserer heutigen Zeit aber nicht?“ Er sagte: „Die Verleumdung hat sich in unserer Zeit vermehrt, so dass sich die Nasen mit ihr gefüllt haben. Daher wird dieser verderbliche Geruch nicht mehr deutlich. Dies ist das Beispiel eines Mannes, der eine Gerberei betritt. Er kann es auf Grund des penetranten Geruchs nicht aushalten. Die Arbeiter hingegen essen und trinken in diesem Haus und der Geruch fällt ihnen nicht einmal auf, weil sich ihre Nasen an diesen Geruch gewöhnt haben. Genauso ist es mit der Verleumdung in unserer Zeit.“
28. Abdullâh ibn Mubârak sagte: „Ich sagte zu Sufyân At-Thaurî: „O Abû Abdullâh, wie weit ist Abû Hanîfa doch von übler Nachrede fern! Ich habe noch nie gehört, dass er einen Feind verleumdet hat.“ Er sagte: „Er ist intelligenter als etwas über seine Belohnung walten zu lassen, das diese vergehen lässt.“
29. Von Umar ibn Abdulazîz ist überliefert, dass ein Mann bei ihm eintrat und ihm etwas über einen anderen Mann berichtete. Umar sagte zu ihm: „Wenn du möchtest, prüfen wir deine Angelegenheit. Wenn du lügen solltest, gehörst du zu den Erwähnten in diesem Vers: „O die ihr den Glauben verinnerlicht, wenn ein Frevler zu euch mit einer Kunde kommt, dann schafft Klarheit...“ (Sûra 49:6)
Und wenn du die Wahrheit sprechen solltest, gehörst du zu den Erwähnten in jenem Vers: „Stichler und Verbreiter von Verleumdungen...“ (Sûra 68:11) Und wenn du möchtest, verzeihen wir dir.“ Er sagte: „Verzeihung, o Fürst der Gläubigen! Ich werde dies nicht noch einmal tun.“
30. Ein Mann sagte zu Abdullâh ibn Umar, als er Fürst der Gläubigen war: „Ich habe erfahren, dass jener dem Führer gesagt hat, dass ich ihn im Schlechten erwähnt hätte.“ Er sagte: „Dies ist geschehen.“ Er sagte: „Teil mir mit, was er gesagt hat, damit ich dir seine Lüge aufzeige!“ Er sagte: „Ich möchte mich nicht selbst mit meiner eigenen Zunge beleidigen. Es reicht mir, dass ich dem, was er gesagt hat, nicht geglaubt habe. Und ich werde meine Beziehung zu dir nicht abbrechen.“