Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Der Bedarf der Menschen an allem, was in der Medizin mit Krankenpflege und anderem zu tun hat, ist allseits bekannt. Alles, was die Menschen an Wissenschaften und Berufen benötigen, ist eine Kollektivpflicht (Fard Kifâya).
Bei Al-Ghazâlî heißt es in seinem Werk „Ihyâ Ulûm Ad-Dîn“: „Zur Kollektivpflicht wird eine Wissenschaft, wenn auf sie zur Aufrechterhaltung der Angelegenheiten im Diesseits nicht verzichtet werden kann. So ist beispielsweise die Medizin notwendig, um den Körper am Leben zu halten und Mathematik ist notwendig für Transaktionen und die Berechnung von Testamenten und Erbschaften. Fehlen diese Wissenschaften in einem Land, so gerät die Bevölkerung dieses Landes in eine unangenehme Situation. Wenn eine einzige Person dies ausführt, so ist es ausreichend, und die Verpflichtung für die anderen erübrigt sich.
So braucht man sich nicht wundern, wenn wir sagen: Medizin und Mathematik sind Kollektivpflichten. Auch die Grundlagen des Handwerks und anderer Tätigkeiten sind Kollektivpflichten, so wie Landwirtschaft, Weben, Politik und sogar Schröpfen und Schneidern. Gibt es in einem Land keine Fachleute für das Schröpfen, droht ihnen rascher Verfall und sie fügen sich selbst Ungemach zu, falls sie sich diesem Verfall zuwenden.
Derjenige, der die Krankheit herabgesandt hat, hat auch das Medikament herabgesandt. Er hat zu dessen Einsatz geleitet und die Ursachen für ihre Behandlung vorbereitet. Es ist also nicht erlaubt, durch deren Vernachlässigung den Tod zu riskieren.“
Wenn sich ein Muslim von seiner Arbeit als Krankenpfleger Belohnung erwartet, so ist dies zweifellos eine Handlung der Annäherung an Allâh und des Gehorsams. Einmal, weil er den Muslimen hilft und dient und andererseits, weil er seinen Lebensunterhalt und seine Versorgung für sich und seine Angehörigen verdient und daher nicht bei anderen um Unterstützung betteln muss.
Hat ein Muslim eine rechtschaffene Absicht, sind seine gewöhnlichen Tätigkeiten Handlungen der Gottesverehrung. Im „Sahîh Al-Buchârî“ wird von Mu‘âdh (möge Allâh mit ihm zufrieden sein) überliefert, dass er sagte: „Ich erwarte mir Lohn sowohl von meinem Schlaf als auch von meinem Stehen (im nächtlichen Gebet).“
Ibn Al-Qayyim schreibt in „Miftâh Dâr As-Sa‘âda“: „Bei einem aufrichtig (Allâh) Liebenden wird es als Verrat an dem Geliebten betrachtet, wenn er sich willentlich auf eine Art und Weise verhält, die dem Geliebten missfällt. Wenn er etwas tut, was ihm aufgrund seiner Natur und seiner Begierde erlaubt ist, kehrt er sich davon reumütig ab, so wie man von einer Sünde ablässt. Dieses Handeln hört bei ihm nicht auf, stärker zu werden, bis alle seine erlaubten Angelegenheiten zu Gehorsamshandlungen geworden sind. Dann erwartet er sich Lohn von seinem Schlaf, seinem Fastenbrechen und seiner Ruhe, so wie er sich Lohn von seinem Stehen im Gebet, seinem Fasten und seiner Bemühung erwartet. Er befindet sich unablässig zwischen Freude, bei der er Allâh dankt, und Heimsuchungen, bei denen er geduldig ist. Stets bewegt er sich auf Allâh zu − in seinem Schlaf und seinem Wachsein. Einige Gelehrten sagten: ‚Bei den Klugen sind ihre Gewohnheiten Ibadât (Gottesverehrung), bei den Toren sind die Ibadât (nur) Gewohnheiten.‘ Einige der rechtschaffenen Vorfahren sagten: ‚Wie schön ist der Schlaf der Klugen und ihr Fastenbrechen! Sie übertreffen dabei das Wachen (zum Gebet) der Törichten und ihr Fasten.‘ Spricht der aufrichtig (Allâh) Liebende, so spricht er für Allâh und durch Allâh. Schweigt er, so schweigt er für Allâh. Bewegt er sich, so geschieht dies auf Allâhs Geheiß. Kommt er zu Ruhe, so ist dies, weil er nach Hilfe für Allâhs Wohlgefallen sucht. Er ist für Allâh, in Allâh und mit Allâh.“
Einige Gelehrte sind sogar der Meinung, dass ein Muslim für Handlungen, deren Nutzen anderen zugutekommt (wie z. B. Krankenpflege), auch dann belohnt werden, wenn dabei gar nicht diese Absicht (für Belohnung) vorliegt.
Was die Frage nach dem Kontakt mit dem anderen Geschlecht im Krankenhaus anbelangt: Dies variiert je nach dem Grad des Kontakts, dem Ausmaß, wie sich die Frauen an (die Bekleidungsvorschrift) des Hidschabs halten und dem Maß der Notwendigkeit, die diesen Kontakt erfordert.
Der Muslim muss stets darauf bedacht sein, seinen Blick zu senken. Ein plötzlicher Blick ohne Absicht ist jedoch verzeihlich. Schaut man jedoch nach dem ersten Blick absichtlich weiter, so ist das nur erlaubt, wenn dafür eine begründete Notwendigkeit vorliegt, wie eine Behandlung o. ä.
Von Dscharîr ibn Abdullâh wird überliefert, dass er sagte: „Ich fragte den Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) nach dem plötzlichen Blick und er befahl mir, meinen Blick abzuwenden“ (Muslim).
Von Al-Qâdî Iyâd heißt es in „Ikmâl Al-Mu‘allim“: „Gemeint ist der plötzliche Blick, bei dem derjenige nicht ein (bewusstes) Betrachten und Anschauen (einer Frau) beabsichtigt. So etwas ist verzeihlich. Was verboten und dabei untersagt ist, wäre, wenn man (bewusst) weiterschaut und die Schönheit mit Lust, Wohlgefallen und Begierde betrachtet. Deswegen heißt es im Hadîth, dass der Gesandte Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zu Alî sagte: „Lasse dem (ersten) Blick nicht einen weiteren Blick folgen. Der erste Blick ist für dich, doch nicht der zweite.‘ Allâh der Erhabene befahl den gläubigen Männern und Frauen, die Blicke zu senken, so wie er ihnen befahl, ihre Scham zu hüten. Der Prophet (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: ‚Auch das Auge begeht Unzucht (...).‘
Den Blick zu senken ist auf jeden Fall Pflicht, wenn es um Al-Aura oder Ähnliches geht. Handelt es sich nicht um Al-Aura, so ist das Senken des Blicks abhängig vom Kontext: Es ist Pflicht, den Blick abzuwenden, es sei denn, es gibt einen triftigen Grund für das Blicken, wie z. B. bei einer Zeugenaussage, beim Kauf einer Dienerin (in früheren Zeiten), wenn man eine Frau heiratet oder ein Arzt untersuchen muss usw.“
Es ist nicht korrekt zu sagen, dass der Verzicht auf den Pflegeberuf für die Religion eines Muslims das Sicherste sei. Denn es wäre undenkbar, zu behaupten, dass Ärzte, Krankenschwestern und alle anderen, die im medizinischen Bereich unter Muslimen arbeiten, ihre Religion nicht richtig praktizieren und diese vernachlässigen würden! Fürchtet man für sich, an einem Arbeitsplatz in Versuchung zu geraten, so wechselt man an einen anderen Platz, wo man vor dieser Versuchung sicher ist.
Dennoch gilt, dass es keine Sünde ist, wenn sich ein Muslim entscheidet, seine Tätigkeit im Pflegebereich aufzugeben. Denn es ist keine individuelle Pflicht, hier tätig zu sein, so dass man sündigen würde, wenn man diese Arbeit aufgibt. Wenn ein Muslim mit der Krankenpflege beginnt und damit später aufhört, ist das keine Sünde für ihn, solange es eine ausreichende Anzahl anderer Menschen gibt, die seine Tätigkeit ausführen.
Was die Behandlung von Männern durch Frauen betrifft, so heißt es im Hadîth von Rabî bint Mu'awwidh ibn Afrâ, dass sie sagte: „Wir waren mit dem Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) auf einem Kriegszug. Wir tränkten die Leute und versorgten sie, und wir brachten die Toten und Verwundeten nach Medina zurück“ (Sahîh Al-Buchârî).
Von Mahmûd ibn Labîd wird überliefert: „Als am Tag der Grabenschlacht Sa‘d an der Vene schwer verletzt wurde, übergaben sie ihn einer Frau namens Rufaida, die die Verwundeten zu behandeln pflegte“ (Al-Buchârî: „Al-Adab Al-Mufrad“).
Und dies ist je nach Notwendigkeit und Bedarf zu regeln.
Und Allâh weiß es am besten!