Erleichterungen beim Haddsch
Umar Az-Zabadânî
Das Konzept der Erleichterungen (Ruchsa) aus Sicht der Scharîa
Der Begriff „Ruchsa“ im Arabischen bedeutet ursprünglich „Weichheit und Milde“ und steht im Gegensatz zu „Härte“. So beschreibt man beispielsweise Fleisch als „al-lahmu r-rachs“, wenn es zart ist. Die Worte „huwa rachsu l-dschasad“ bedeuten: zart und weich an körperlicher Beschaffenheit.
In der religiösen Terminologie bezeichnen „ar-ruchusa“ und „ar-ruchsa“ die Erlaubnis Allâhs für Seine Diener in bestimmten Situationen, die ihnen Erleichterung verschafft. Man sagt auch: „ruch-chisa lahu fî kadhâ tarchîsan“, was bedeutet, dass ihm in etwas eine Erleichterung gewährt wurde. „fa-tarach-chasa huwa fîhi“ bedeutet, dass er die Erleichterung in Anspruch genommen hat. Man kann auch sagen: „rach-chastu fulânan fî kadhâ wa kadhâ“, was bedeutet, dass man jemandem nach einem Verbot die Erlaubnis für etwas erteilt hat.
Von diesem Begriff stammt auch „ar-ruchs“ ab, was „Verbilligung“ im Gegensatz zu „Verteuerung“ bedeutet. Die Ruchsa in einer Angelegenheit bedeutet Milde im Gegensatz zu Strenge. Im Arabischen ist „Ruchsa“ also ein Ausdruck für Unbeschwertheit und Erleichterung.
Aus der Sicht der Scharîa ist die Ruchsa eine von Allâh als Gesetzgeber für den religiös Verpflichteten (Mukallaf) festgelegte Regelung, die aufgrund eines vorübergehenden Grundes oder eines auftretenden Bedürfnisses Anwendung findet.
Ruchsas lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten in verschiedene Arten einteilen. Im Hinblick auf ihre Quelle kann man zwei Typen der Ruchsa unterscheiden:
1. Scharîatische Ruchsa: Dies sind Regelungen, die von Allâh als Gesetzgeber aufgrund eines Entschuldigungsgrundes (Udhr) festgelegt wurden, um dem religiös Verpflichteten die Erfüllung der Gebote zu erleichtern und ihm entgegenzukommen. Beispielsweise ist es einem Reisenden im Fastenmonat Ramadân erlaubt, während der Reise nicht zu fasten oder das Fasten zu brechen. Eine Verkürzung des rituellen Pflichtgebets, das aus vier Gebetseinheiten besteht, ist ihm ebenfalls gestattet.
2. Fiqhî Ruchsa: Diese Ruchsa beruht auf den durch innere Anstrengung erlangten und abgeleiteten Urteilen der Rechtsschulen (Idschtihâd) im Rahmen der Normenlehre. Solche Rechtsurteile der Gelehrten erteilen eine Ruchsa in einer Angelegenheit im Gegensatz zu anderen Urteilsbemühungen, die ein Verbot aussprechen. Beispiele für eine Ruchsa sind das Werfen der Kieselsteine am Vormittag an den Tagen des Taschrîq und die Erlaubnis, nach dem Abschiedsumlauf der Kaaba aus einem bestimmten Grund für ein Bedürfnis noch eine Weile in Mekka zu bleiben.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der von den Rechtsgelehrten gegebenen Ruchsa nach der Scharîa erlaubt ist, weil man auf diese Weise innerhalb von den Rechtsgelehrten genannten Richtlinien die angenehmere und leichtere Meinung bevorzugt.
Es gibt zwei Arten von erlaubter Ruchsa: Die erste Art tritt auf, wenn es eine Schwierigkeit gibt, die von Natur aus nicht überwunden werden kann. Beispiele hierfür sind: 1. Eine Krankheit, die es dem religiös Verpflichteten unmöglich macht, die Voraussetzungen für das rituelle Gebet und seine Säulen und Pflichten in der von Allâh vorgeschriebenen Weise zu erfüllen. 2. Dasselbe gilt für jemanden, der gezwungen ist, ein Wort des Unglaubens zu sprechen oder 3. Verendetes zu essen und ähnliche Fälle. In solchen Fällen ist die Inanspruchnahme der Erleichterung nicht nur erlaubt, sondern sogar von der Scharîa geboten. Denn die Unterlassung der Erleichterung in solchen Situationen würde entweder die Grundlage der Anbetungshandlung selbst oder ein allgemeines Prinzip der Scharîa verletzen.
Die zweite Art: Bei dieser Art ist der Mukallaf mit einer Schwierigkeit konfrontiert, kann diese aber ertragen. Diese Art lässt sich wiederum in zwei Kategorien unterteilen: a) Das, was Allâh als Gesetzgeber an Handlungen unabhängig vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Schwierigkeit verlangt, wie z. B. das Zusammenfassen der rituellen Gebete in Arafa und Muzdalifa. Diese Art der Ruchsa wird von der Scharîa zwar gefordert, aber nicht im Sinne einer Verpflichtung. b) Nach dieser Kategorie schreibt die Scharîa keine Handlung im Sinne einer Verpflichtung oder Empfehlung vor. Vielmehr wird auf eine Handlung als Erleichterung und Beseitigung der Erschwernis für den Mukallaf hingewiesen. Diese Art bleibt im Rahmen der ursprünglichen Erleichterung, der Beseitigung der Erschwernis und der grundsätzlichen Erlaubnis. Der religiös Verpflichtete hat hier die Wahl, entweder die ursprüngliche strengere Regelung zu befolgen (Azîma), auch wenn dies mit einer Erschwernis verbunden ist, oder die Erleichterung in Anspruch zu nehmen.
Daraus wird deutlich, dass die Ruchsa scharîatisch eine Ibâha (grundsätzliche Erlaubnis) darstellt, also weder verpflichtend (wâdschib) noch empfohlen (mandûb) ist. Dies wird durch zahlreiche Qurânverse belegt. In ihnen wird demjenigen, der die Erleichterung in Anspruch nimmt, Erschwernis, Sünde und Tadel erspart. So sagt Allâh der Erhabene zum Beispiel: „Und wenn ihr im Land umherreist, so ist es keine Sünde für euch, das Gebet abzukürzen“ (Sûra 4:101).
Erleichterungen beim Haddsch: Teil 2