Den Qurân leben – Teil 3

12/10/2021| IslamWeb

Zuerst wollen wir uns jedoch an die qurânische Weisung erinnern, warum diese Umma des Propheten Muhammad (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) einzigartig und besonders ist. Mit der Offenbarung des Qurâns an den Propheten hat Allâh der Erhabene diese Gemeinschaft sowohl geehrt als auch mit der größten Verantwortung betraut: Die Menschen entlang der rechten Weisung bis zum Tag des Jüngsten Gerichts zu führen. Es werden keine weiteren Gesandten kommen. Doch wir haben den Qurân und die Sunna (überlieferte Lebensweise) des Propheten Muhammad (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken).

Aufgrund dieser Verantwortung und Ehre ist der „Bund“, den Allâh mit dieser Umma geschlossen hat, anders: Muslime werden nur durch den Qurân gedeihen. Diese große Verantwortung wird uns entweder Segen oder Verderben bringen, falls wir sie vernachlässigen. Doch wird diese Aufgabe uns ein Leben lang begleiten, solange wir Muslime sind. Dies ist auch der Grund, warum alle anderen Länder aufblühen, während muslimische Länder mit gleicher Zinswirtschaft, Politik und ähnlichen Werten und Idealen nicht gedeihen. Selbstverständlich müssen Muslime von anderen lernen und das Gute übernehmen; das streitet niemand ab. Vielmehr bedeutet es, dass Muslime niemals erfolgreich sein werden, wenn sie den Islâm missachten, so wie Länder mit anderen Glaubensrichtungen gedeihen, obwohl sie ihre Religion nicht beachten.

Der Qurân teilt uns mit, dass die Kinder Israels den gleichen Pakt von Allâh erhielten, als ihnen die Verantwortung für die Menschen aufgebürdet wurde. Sie waren nur dann erfolgreich, wenn sie sich mithilfe ihrer Propheten und Gesandten Allâh gänzlich unterworfen hatten. Heute sind wir an der Reihe. Es gibt jedoch einen Unterschied: Für die muslimische Gemeinde wird kein neuer Prophet mehr kommen. Der Pakt ergibt sich aus dem Buch.

Im folgenden Vers finden sich die Bedingungen für diesen Vertrag: „Und so haben Wir euch zu einer Gemeinschaft der Mitte gemacht, damit ihr Zeugen über die (anderen) Menschen seiet und damit der Gesandte über euch Zeuge sei …“ (Sûra 2:143).
Es ist erwähnenswert, dass dieser Vers in den frühen Zeiten in Medina offenbart wurde, als die Gebetsrichtung von der Bait Al-Maqdis in Jerusalem zur Ka‘ba in Mekka geändert wurde. Die Leute der Schrift, deren Zentrum in Jerusalem lag, werden dadurch von ihrer Sonderstellung entbunden: „O Kinder Israels, gedenkt Meiner Gunst, die Ich euch erwiesen habe, und dass Ich euch vor den (anderen) Weltenbewohnern bevorzugt habe“ (Sûra 2:47). Die Leute der Schrift erhielten ein neues Angebot: „Wenn sie an das Gleiche glauben, woran ihr glaubt, dann sind sie somit rechtgeleitet. Wenn sie sich jedoch abkehren, dann befinden sie sich in Widerstreit. Aber gegen sie wird Allâh dir genügen. Er ist der Allhörende und Allwissende“ (Sûra 2:137).

Die gleichen Bedingungen werden etwas später in Sûra Âlu Imrân wiederholt: „Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen hervorgebracht worden ist. Ihr gebietet das Rechte und verbietet das Verwerfliche und glaubt an Allâh. Und wenn die Leute der Schrift glauben würden, wäre es wahrlich besser für sie. Unter ihnen gibt es Gläubige, aber die meisten von ihnen sind Frevler“ (Sûra 3:110).

Das bisher Erwähnte lässt sich am besten mit den Worten des Gesandten Allâhs (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) zusammenfassen: „Der Qurân ist entweder ein Zeuge (wörtl. ein Beweis, AdÜ) für oder gegen dich“ (Muslim). In einer anderen Überlieferung sagt der Prophet: „Wahrlich, Allâh erhöht Menschen durch dieses Buch, während er andere damit erniedrigt“ (Muslim). Daraus lässt sich Folgendes ableiten: Allâh verleiht uns zwar Ehre durch dieses Buch, doch wenn wir unsere Verantwortung vernachlässigen, werden wir erniedrigt. Dies entspricht der gegenwärtigen Realität: Während nichtmuslimische Länder zumindest kurzfristig trotz Zinswirtschaft und gesellschaftlichen Ausschweifungen gedeihen, scheitern muslimische Länder kläglich, sobald sie einen anderen Weg als den des Qurâns einschlagen.

Warum der Qurân?

Weshalb ist der Qurân ein so zentrales Element im Islâm? Was vermittelt er, damit wir uns Allâh auf richtige Weise ergeben können? Jeder gebildete Muslim kann aus dem Qurân Geschichten und Verse über Allâhs Macht und Barmherzigkeit zitieren. Dies wirft folgende Fragen auf: Sind die grundlegenden Informationen über den Islâm – wie Gott ist einer und Muhammad (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) Sein Gesandter, fünfmaliges Gebet am Tag, Fasten, jährliche Pflichtabgabe, Verbot von Schweinefleisch, Alkohol und Glücksspiele etc. – nicht ausreichend? Warum verlangt Allâh von uns, den Qurân in jedem rituellen Gebet und in allen Ramadân-Monaten immer wieder zu lesen? „Kennen“ wir nicht bereits den Islâm? Während viele Muslime diese Fragen nicht explizit stellen, hält meiner Meinung nach das Fehlen befriedigender Antworten viele davon ab, sich ernsthaft dem Qurân zuzuwenden.

Man stelle sich für einen Muslim ein Leben ohne Qurân vor. Das wäre fatal. Keine andere Religion erhebt heutzutage den Anspruch auf ein fehlerfreies Buch von Gott. Viele Muslime leben gegenwärtig ein Leben, das sich nicht von den Anhängern anderer Religionen unterscheidet. Menschen neigten schon immer dazu, in religiösen Angelegenheiten geistreich zu sein. Daher waren sie ausgesprochen gut darin, Mythen und Religionen zu ersinnen. Auch frühere Muslime kannten die Warnung des Propheten, dass sie dem Weg der Leute der Schrift folgen werden. So kam es auch dazu: Sie schlugen alle möglichen Wege ein und kamen vom geraden Weg ab, indem sie andere Völker nachahmten und ihrem menschlichen Drang folgten, Mythen zu schaffen, sobald die Realität unangenehm ist. Allerdings ist der Islâm anders: Er beruht auf einem soliden Fundament, einer festen Handhabe (Al-Urwa Al-Wuthqâ; Sûra 2:256), die ermöglicht, Muslime erneut auf den rechten Pfad zurückzubringen, wozu andere Religionen nicht imstande sind. Diese feste Handhabe, diese unfehlbare Wegweisung, die den Islâm von allen anderen Religionen unterscheidet, ist der Qurân.

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