Verloren im Ramadân

16/08/2012| IslamWeb

Im Monat Ramadân geht es um die Änderung unserer täglichen Routine und unserer Angewohnheiten, um den Segen des Monat zu erwirken. Ich weiß. Das rituelle Gebet zur rechten Zeit – eine Pflicht. Zusätzliche freiwillige rituelle Gebete – wichtig. Rituelle Tarâwîh-Gebete spät in der Nacht – bedeutend. Festgelegte Zeiten für das Gedenken Allâhs – zwingend. Und der Qurân ist die beste Art und Weise, Allâhs zu gedenken – absolut essenziell. Immerhin dreht sich im Ramadân alles um diese Formen der Anbetung Allâhs. An den Wochenenden einige Nächte gemeinsam mit Freunden in der Moschee verbringen – herrlich.

Es gibt noch mehr. Selbst die Körperteile werden vom Ramadân berührt.

Du hast ein Herz. In diesem gesegneten Monat geht es darum, ähnlich wie im Leben bewusste Entscheidungen zu treffen, um Gutes zu tun und beständige kleine Taten ausfindig zu machen, die uns eine vervielfachte Belohnung ernten lassen.

Denke an deine Hände. Gib Almosen. Speise die Armen und lade deine Angehörigen und Freunde zum Essen ein. Vergiss dich selbst nicht. Nimm an Vorträgen teil. Sei nicht nachlässig im Umgang mit dem Qurân, wenn du im rituellen Gebet stehst, und schenke den mahnenden Worten Beachtung.

Noch bevor der Monat sich dem Ende neigt, wird dein wichtigster Organ zweifelsohne von einem spirituellen Aufwind ergriffen. Die meisten von uns werden gewiss noch viel mehr Gutes tun, als es vor drei oder vier Wochen der Fall war.

Du hast einen Verstand. Halte den Gedanken fest.

Im Einklang mit dem Guten

Wir denken, wir können einen Monat lang auf diverse Dinge verzichten. Wir sind gewillt weniger zu schlafen, mehr zu beten und darauf zu achten, was wir tun und was wir sagen. Ungeachtet dessen, was wir an zusätzlichen guten Taten während des Ramadân verrichten, gibt es Dinge, die sich nicht ändern. Anders ausgedrückt, wie viele verpönte Lebensgewohnheiten streichen wir aus unserem Alltag, während wir motiviert sind, gute Taten in unsere tägliche Routine aufzunehmen?

Wir bleiben zwar dem Essen fern, verärgern aber unsere Eltern oder Freunde und hören mit dem ganzen Murren nicht auf. Obwohl doch kein Happen in uns gelangt, stellt sich die Frage, ob nicht die verrichteten guten Taten entschwinden, sobald wir uns beklagen und fluchen?

Kann man das hinnehmen?

Gehen wir jede Nacht zum Tarâwîh-Gebet, um anschließend an einer Party teilzunehmen, die uns das rituelle Fadschr-Gebet versäumen lässt? Fasten wir den ganzen Tag, um lediglich heimlich mit dem Freund oder der Freundin irgendwo in einem Café ein Abendmahl zu haben? Irgendwie ist das alles bereits Realität geworden.

Mit dem Schlechten auf dem Kriegspfad sein

Darf ich etwas Schlechtes tun, solange ich eben diese schlechte Tat mit etwas Gutem ausgleiche? Falsche Frage. Warum tun wir überhaupt derartige Dinge? Höchstwahrscheinlich haben wir uns nichts dabei gedacht. Wir machen uns zwar Gedanken über das rituelle Gebet, nicht aber über die Party. Die meisten Menschen nehmen keine bewusste Entscheidungen im Hinblick auf regelmäßig stattfindende Ereignisse in ihrem Leben vor. Entsprach es also deiner Gewohnheit, am Wochenende stets eine Party aufzusuchen, wirst du im Ramadân kaum mit dieser Tradition brechen, auch wenn du diesem Mix vorübergehend noch ein paar Gebete und Fastentage hinzufügst.

Viele unter uns denken über die begangenen guten Taten nach, sehen jedoch über die schlechten Lebensgewohnheiten hinweg. Was können wir daran ändern? Sei dir dessen bewusst, was wir tun!

Gib das Gute nicht auf, denn es gleicht das Schlechte tatsächlich aus. Wenn wir darüber hinwegsehen, was wir tun und nicht auf unsere Lebensgewohnheiten und Neigungen achten, belügen wir uns selbst. Erst wenn wir unsere Grenzen und Fehler eingestehen, können wir uns den Herausforderungen stellen und inschâ Allâh Abhilfe schaffen.

Mit einer Zunahme unserer demütigen Ehrfurcht vor Allâh wird auch unser Bewusstsein im Hinblick dessen, was wir sind und was wir tun, erstarken. Dies umfasst unter anderem alltägliche Dinge wie die üble Nachrede, das Fluchen und das grobe Zurechtweisen der Eltern oder der Geschwister, aber auch nicht so alltägliche Dinge wie die Teilnahme an Partys, den Konsum von Musik, gar das Rauchen oder den Alkoholgenuss. All diese Dinge können sich sehr schnell in kaum zu brechende Gewohnheiten wandeln und vielleicht sogar Teil unseres Selbstverständnisses werden.

Der Monat Ramadân bietet dir eine großartige Gelegenheit, dich neu zu orientieren, indem du loslässt, was du nicht bist.

Mit dem Guten ausgleichen

Nachdem du dir vergegenwärtigt hast, wie du sein solltest, fahre mit dem Guten fort, das du bereits begonnen hast. Wenn du also fünfmal am Tag zur rechten Zeit in der Moschee betest, halte daran fest! Jedoch ist es höchste Zeit, mit den schlechten Gewohnheiten für das Wohlwollen Allâhs zu brechen!

Die im Monat Ramadân verinnerlichten Regeln sollten keinesfalls in Vergessenheit geraten und abgelegt werden, sobald das Fasten ein Ende hat.

Sinn und Zweck des gesamten im Fasten verbrachten Monats ist eigentlich der Aufbau eines neuen Ablaufes, einer frischen Lebensweise respektive einer ursprünglichen humanen Lebensart, mit der Allâh zufrieden ist. Die guten Taten lassen zwar die schlechten vergehen, jedoch sollte man sich keine falschen Hoffnungen machen und darauf setzen, dass man unaufhörlich mit den schlechten Taten fortfährt und dabei denkt, dass man diese ja mit guten Taten wieder auflösen kann.

Anstatt ständig daran zu arbeiten, wie man eine schlechte Tat mit einer guten vergehen lässt, sollten wir vielmehr darauf abzielen, unsere schlechten Taten mit unseren guten Taten zu übertreffen. Das kann man erreichen, indem sowohl die guten Taten vermehrt als auch die schlechten Taten verringert werden. Starte durch, auch wenn du nur klein anfängst!

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