Die Gültigkeit des Tarâwîh-Gebets
27/07/2010| IslamWeb
Abdullâh ibn Abd (Al-Qâri) berichtet:„Eines Nachts im Ramadân ging ich mit Umar ibn Al-Chattâb zur Moschee. Dort gab es verteilt Menschen, der eine betete für sich, der andere betet und mit ihm eine Gruppe von Menschen. Da sagte Umar: „Wenn ich sie hinter einem Leser (Vorbeter) vereinen würde, wäre es sicherlich besser.“ Er nahm es sich vor und so vereinte er sie alle hinter Ubai ibn Ka’b. Alsdann ging ich mit ihm eine andere Nacht hinaus, und die Menschen beteten hinter ihrem Leser. Da sagte Umar: „Was für eine gute Erneuerung dies doch ist. Doch der (Teil), in dem sie schlafen, ist besser als der, in dem sie beten.“ Er meinte damit den letzten Teil der Nacht, da die Menschen den ersten Teil der Nacht zu beten pflegten.“ Überliefert von Al-Buchârî, Mâlik, Abdurrazzâq und Ibn Abû Schaiba.
In der Überlieferung von Mâlik heißt es: „Dass ´Umar ibn Al-Chattâb Ubayy ibn Ka´b und Tamîm Ad-Dârî beauftragte, für die Menschen elf Rak´as vorzubeten. Und der Leser (Vorbeter) las hunderte (Âyat), sodass wir uns wegen des langen Stehens auf Stöcke stützten, und wir hörten erst vor der Morgendämmerung auf.“ überliefert von Mâlik, Abdurrazzâq und Ibn Abû Schaiba.
In der Überlieferung von Ibn Chuzaima heißt es: „Da sagte Umar : „Bei Allâh, ich glaube, dass es vorzüglicher ist, wenn wir diese Leute auf einen Leser (Vorbeter) einigen.“ Da nahm es sich Umar ernsthaft vor und beauftragte Ubayy ibn Ka’b, für sie im Ramadân vorzubeten. Alsdann traf Umar die Menschen beim Gebet hinter ihrem Imâm an, da sagte Umar : „Welch gute Erneuerung dies ist! Doch der (Teil), in dem ihr schlaft, ist besser für das Gebet als der, in dem ihr betet.“ Er meinte damit den letzten Teil der Nacht, da die Menschen den ersten Teil der Nacht beteten. Und sie verfluchten die Islâm-Leugner in einer Hälfte, indem sie sagten: „O Allâh, töte die Feinde des Islâm, die von Deinem Weg abhalten, Deinen Gesandten verleugnen und nicht an Dein Versprechen glauben! Entzweie sie, lass ihre Herzen erzittern und schleudere Deine unheilvolle Strafe auf sie, Du allein rechtmäßig Verehrter!“ Alsdann sprachen sie die Ehrungsformel für den Propheten und beteten für die Muslime um Segen, so gut sie es vermochten. Dann baten sie für die Gläubigen um Vergebung. Als er damit abgeschlossen hatte, pflegte er zu sagen: „O Allâh, Dir alleine dienen wir, zu Dir alleine beten wir und vor Dir werfen wir uns nieder. Zu Dir alleine eilen wir und wir erhoffen Deine Barmherzigkeit, o unser Herr! Wir fürchten Deine harte Strafe, denn deine Strafe erreicht jenen, den Du zum Feind genommen hast.“ Alsdann sagte er: „Allâhu akbar“ und warf sich nieder.“ (Al-Albânî erklärte diese Überlieferung für authentisch.)
Nützliches und Lehrreiches:
1. Das Tarâwîh-Gebet ist eine Sunna des Propheten , die er später unterließ, aus Angst, es könnte den Muslimen zur Pflicht werden. So beteten die Muslime zu Lebzeiten des Propheten und dem Kalifat von Abû Bakr dieses Gebet nicht in Gemeinschaft. Während des Kalifats von ´Umar versammelte er sie dann hinter einem Imâm und belebte somit die Sunna des Propheten erneut. Die Muslime sind sich über alle Generationen hinweg einig, dass dieses Gebet erwünscht ist. (An-Nawawî und andere Gelehrte überlieferten den Konsens für dieses Gebet.)
2. Es kann durchaus sein, dass eine vergleichsweise rangniedrigere Person etwas Gutes einführt, was der Bessere nicht tat. So hat Allâh, der Erhabene, ´Umar (der gegenüber Abû Bakr geringeren Ranges ist) dazu bewegt, diese gewaltige Sunna widerzubeleben, während Abû Bakr dieser Verdienst entging, obwohl er in der Religion höheren Ranges als Umar war und stets nach Gutem trachtete, sodass selbst ´Umar sagte:„Bei Allâh, nie werde ich ihm in irgendetwas vorauseilen.“ Überliefert von Abû Dâwûd und At-Tirmidhî, Letzterer hält diese Aussage für "hasan sahîh".
Und auch Alî sagte, als er im Ramadân an den Moscheen vorbei ging, in denen Öllampen hingen: „Möge Allâh ´Umars Grab erhellen, so wie er unsere Moscheen erhellt hat!“ Überliefert von Ibn Asâkir und Ibn Abdulbarr.
Er meinte damit das Tarâwîh-Gebet (beziehungsweise die Moscheebeleuchtung, die Umar einführte). Aus diesem Grund sollte kein Muslim wähnen, er sei zu gering, um eine gute Tat einzuführen. Denn vielleicht öffnet Allâh, der Erhabene, ihm eine Tür zum Guten, die Er dem Besseren nicht öffnete. Das ist die Gunst Allâhs, die Er gewährt, wem Er will und Er besitzt große Huld.
3. Die Gemeinschaft und Einheit der Muslime ist wichtig und besser als die Teilung. Der Machthaber und Führer der Muslime sollte stets darum bemüht sein, dies zu gewährleisten.
4. Der Idschtihâd (selbstständige Entscheidung einer Rechtsfrage auf Grund der Interpretation islâmischer Quellen) in Sachen der Sunna ist verbindlich. Aus diesem Grunde stimmten die Gefährten zu, als ´Umar sie hinter einem Imâm vereinigte.
5. Der Konsens der Gemeinschaft, eine Sunna wiederzubeleben, und die Zusammenschließung im Willen des Gehorsam gegenüber Allâh ist Ausgangspunkt des Segens, da das Bittgebet jedes Einzelnen die gesamte Gemeide einbezieht. Aus diesem Grund ist das Gemeinschaftsgebet um 27 Stufen besser als das Gebet eines Einzelnen. Sa'îd ibn Dschubair sagte: „Hinter einem Imâm zu beten, der <Hal atâka Hadîth Al-Ghâschiya> (Sûra 88) liest, ist mir lieber, als hundert Âyât im Gebet alleine zu lesen.“ Überliefert von Ibn Abdulbarr.
6. Die Taten, die aus einem bestimmten Grund unterlassen wurden, können ohne weiteres nach dem Schwinden dieses Hinderungsgrundes wieder eingeführt werden. So wie es ´Umar mit dem gemeinschaftlichen Tarâwîh-Gebet im Monat Ramadân tat.
7. Wer am besten aus dem Buche Allâhs liest, sollte nach Möglichkeit für die Menschen vorbeten. Da Ubayy der Belesenste im Qurân war, zog ihn Umar vor. Dies ist besser, doch ist es keine Pflicht, da Umar auch Tamîm Ad-Dârî zum Imâm ernannte, obwohl es unter den Gefährten belesenere gab.
8. Es ist islamisch legitim, dass auch die Frauen zum Tarâwîh-Gebet in der Moschee erscheinen, sowie es auch erlaubt ist, dass ein Mann ausschliesslich für Frauen vorbetet, wenn keine Versuchung zu befürchten ist.
9. Es ist gestattet, einen Betenden als Imâm (Vorbeter) zu nehmen, auch wenn dieser nicht die beabsichtigte Vorbeter zu sein.
10.Wenn es zur Gewohnheit des Imâms gehört, jeweils zwischen zwei oder vier Gebeten während dem Tarâwîh-Gebet eine kleine Pause einzulegen, sollten diejenigen, die hinter ihm beten, in dieser Pause keine weiteren freiwilligen Gebete verrichten. Der Imâm Ahmad sieht dies sogar als unerwünscht an und beruft sich hierbei auf drei Gefährten : Ubâda ibn As-Sâmit, Abû Ad-Dardâ und Uqba ibn Âmir .
11.Wenn jemand das Tarâwîh-Gebet hinter seinem Imâm betet, bis dieser fortgeht, und dann von einer weiteren Gruppe erfährt, die das Tarâwîh-Gebet verrichtet, darf er sich ihr ohne weiteres anschließen. Diese Handlung nennt man "Ta'qîb". (Anas ibn Mâlik gestatte dies und der Imâm Ahmad sagte: „Es spricht nichts dagegen“; vgl. Al-Mughnî.)
12.Die kontinuierliche gemeinschaftliche Verrichtung freiwilliger Gebete ist nur im Ramadân erlaubt. Eine organisierte Versammlung zu anderen freiwilligen Gebeten, wie zum Beispiel zum gemeinsamen Nachtgebet (Qiyâm Al-Lail) außerhalb des Ramadân, oder an bestimmten Nächten, ist eine Bid'a (Veränderung in der Religion). Der Prophet versammelte seine Gefährten ja nur im Ramadân zum gemeinsamen freiwilligen Gebet, und genau so belebte Umar diese Sunna wieder, nachdem sie der Gesandte unterließ, weil er befürchtete, sie könnte den Menschen zu Pflicht auferlegt werden.