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´Adiyy ibn Hâtim

´Adiyy ibn Hâtim

Im neunten Jahr nach der Hidschra unternahm ein arabischer König erste entschiedene Schritte in Richtung Islâm, nachdem er Jahre lang Hass auf ihn empfunden hatte. Er kam dem Glauben näher, nachdem er sich ihm widersetzt und ihn bekämpft hatte. Und er leistete nach seiner unerbittlichen Ablehnung schließlich dem Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken den Treueschwur. Er war ´Adiyy, Sohn des berühmten Hâtim At-Tâî, der für sein galantes Benehmen und seine legendäre Großzügigkeit weit und breit bekannt war. ´Adiyy erbte den Herrschaftsbereich seines Vaters und wurde von den Tayy-Leuten in dieser Position bestätigt. Ein Teil seiner Macht lag mithin darin, dass ihm ein Viertel von jedem Betrag, den sie als Beute auf Feldzügen machten, gegeben werden musste. Als der Prophet seinen Ruf zur Rechtleitung und Wahrheit öffentlich bekannt gab und Araber von einer Region nach der anderen seine Lehren annahmen, sah ´Adiyy in des Propheten Sendung eine Bedrohung für seine Stellung und seine Herrschaft. Obwohl er den Propheten nicht persönlich kannte und ihn niemals gesehen hatte, entwickelte er sehr feindselige Gefühle gegen ihn. Er blieb für fast zwanzig Jahre im Widerstreit zum Islâm, bis Allâh sein Herz schließlich für die Religion der Wahrheit und Rechtleitung öffnete.

 
Wie ´Adiyy Muslim wurde, ist eine bemerkenswerte Geschichte, er ist vielleicht die geeignetste Person, von der man solche eine Geschichte erzählen sollte. Er sagte: „Es gab niemanden unter den Arabern, der den Gesandten Allâhs  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken mehr verabscheute als ich, als ich von ihm hörte. Damals war ich ein angesehener und adliger Mann. Ich war ein Christ. Von meinem Volk nahm ich ein Viertel seiner Beute, wie es der Brauch anderer arabischer Könige war. Als ich vom Gesandten Allâhs  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken hörte, hasste ich ihn.
 
Als sein Prophetentum sich festigte, seine Macht zunahm und seine Armeen und Streitkräfte den Osten und den Westen des Landes der Araber beherrschten, sagte ich zu einem meiner Diener, der sich um meine Kamele kümmerte: „Halte für mich ein fettes Kamel bereit, das man leicht reiten kann und binde es in meiner Nähe an! Wenn du von einer Armee oder Streitmacht von Muhammad hörst, die auf dieses Land zukommt, dann lass es mich wissen!“ Eines Abends kam mein Diener zu mir und sagte: „O mein Gebieter! Was du zu tun beabsichtigtest, wenn sich Muhammads Kavallerie deinem Land nähert, tue jetzt!“ Ich fragte: „Warum? Möge deine Mutter dich verlieren!“ - „Ich habe Kundschafter nahe der Behausungen gesehen. Ich fragte nach ihnen und es wurde mir gesagt, dass sie zur Armee Muhammads gehören.“, sagte er. „Bring das Kamel, das ich dir bereitzuhalten befohlen habe!“, wies ich ihn an. Ich stand auf, rief meinen Haushalt einschließlich meiner Kinder zusammen und befahl ihnen, das Land, das wir liebten, zu verlassen. Wir begaben uns in Richtung Syrien, um uns Menschen unseres christlichen Glaubens anzuschließen und uns bei ihnen anzusiedeln. Wir brachen zu hastig auf, um meinen gesamten Haushalt zu versammeln. Als ich unsere Lage prüfend überblickte, bemerkte ich, dass ein Teil meiner Familie fehlte. Ich hatte meine eigene Schwester zusammen mit dem Rest der Tayy-Leute in unserer Heimat Nadschd zurückgelassen. Ich hatte keine Möglichkeit zu ihr zurückzukehren. Deshalb reiste ich mit denen, die bei mir waren, weiter, bis ich Syrien erreichte und mich dort bei Menschen meiner eigenen Religion ansiedelte. Was meine Schwester betrifft, so fürchtete ich sehr, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte.
 
Während ich in Syrien war, erreichte mich die Nachricht, dass die Streitkräfte Muhammads in unsere Behausungen eingedrungen waren und meine Schwester zusammen mit ein paar anderen Gefangenen nach Yathrib gebracht hatten. Dort wurde sie mit anderen Gefangenen in ein Lager nahe dem Eingang der Moschee gesperrt. Der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken ging an ihr vorbei. Sie stand vor ihm auf und sagte: „O Gesandter Allâhs! Mein Vater ist tot und mein Beschützer ist nicht hier. Sei barmherzig mit mir und Allâh wird barmherzig mit dir sein!“ - „Und wer ist dein Beschützer?“, fragte der Prophet. „´Adiyy ibn Hâtim.“, sagte sie. „Derjenige, der vor Allâh und Seinem Propheten geflohen ist?“, fragte er. Er verließ sie dann und ging weiter. Am folgenden Tag geschah das Gleiche nochmals. Sie sprach genauso mit ihm, wie sie es am Vortag getan hatte, und er antwortete in derselben Art und Weise. Am nächsten Tag geschah das Gleiche nochmals und sie gab die Hoffnung auf, irgendein Zugeständnis von ihm zu bekommen, da er nichts sagte. Dann deutete ein Mann hinter ihm an, dass sie aufstehen und mit ihm sprechen solle. Deshalb stand sie auf und sagte: „O Gesandter Allâhs! Mein Vater ist tot und mein Beschützer ist nicht hier. Sei barmherzig mit mir und Allâh wird barmherzig mit dir sein!“ - „Ich willige ein.“, sagte er. Er wandte sich seinen Leuten zu und wies sie an: „Lasst sie gehen, denn ihr Vater liebte edle Gepflogenheiten und Allâh liebt sie.“ - „Ich möchte mich zu meiner Familie in Syrien begeben“, sagte sie. „Doch gehe nicht in Eile“, entgegnete der Prophet, „bis du jemanden von deinem Volk findest, dem du vertrauen kannst und der dich nach Syrien begleiten kann! Wenn du eine vertrauenswürdige Person gefunden hast, dann lass es mich wissen!“
 
Als der Prophet gegangen war, fragte sie nach dem Mann, der vorgeschlagen hatte, dass sie mit dem Propheten spricht, und ihr wurde gesagt, dass es ´Alî ibn Abû Tâlib  möge Allah mit ihm zufrieden sein war. Sie blieb in Yathrib, bis eine Gruppe kam, in der sich jemand befand, dem sie vertrauen konnte. So ging sie zum Propheten und sagte: „O Gesandter Allâhs! Eine Gruppe meines Volkes ist zu mir gekommen und in ihr befindet sich einer, dem ich vertrauen kann und der mich zu meiner Familie bringen kann.“ Der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken gab ihr schöne Kleider und eine angemessene Menge Geld. Er gab ihr auch ein Kamel und sie brach mit der Gruppe auf. Danach verfolgten wir ihre Reise Schritt für Schritt und warteten auf ihre Ankunft.
 
Wir konnten kaum glauben, was wir über Muhammads Großzügigkeit ihr gegenüber hörten, trotz meiner Einstellung zu ihm. Bei Allâh, ich bin ein Führer meines Volkes! Als ich eine Frau auf uns zukommen sah, sagte ich: „Die Tochter von Hâtim! Sie ist es! Sie ist es!“ Als sie vor uns stand, blickte sie mich wütend an und sagte: „Wer die Verwandtschaftsbande trennt, ist ein Übeltäter! Du hast deine Familie und deine Kinder genommen und den Rest deiner Verwandten und diejenigen, die du schützen wolltest, zurückgelassen!“ „Ja, meine Schwester.“, sagte ich „Sage nur Gutes!“ Ich versuchte sie zu beruhigen, bis sie zufrieden war. Sie erzählte mir, was ihr passiert war, und es war so, wie ich es gehört hatte.
 
Dann fragte ich sie, da sie eine kluge und vernünftige Person war: „Was hältst du von der Sendung dieses Mannes Muhammad  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken ?“ - „Ich denke bei Allâh, dass du dich ihm schnell anschließen solltest.“, gab sie ihm zur Antwort. „Falls er ein Prophet ist, wisse, dass jemand, der zu ihm eilt, seine Barmherzigkeit genießen wird! Und wenn er ein König ist, dann wirst du aus seiner Sicht nicht blamiert werden, während du so bist, wie du bist.“ Ich bereitete mich sofort auf eine Reise vor, um aufzubrechen und den Propheten in Madîna ohne jegliche Sicherheit und ohne einen Brief zu treffen. Ich hatte gehört, dass er gesagt hatte: „Ich wünsche mir wirklich, dass Allâh die Hand von ´Adiyy in meine Hand legen wird.“ Ich ging zu ihm. Er war in der Moschee. Ich begrüßte ihn und er fragte: „Wer ist dieser Mann?“ - „´Adiyy ibn Hâtim“, sagte ich. Er stand für mich auf, nahm mich bei der Hand und ging in Richtung seines Hauses.
 
Bei Allâh, als er mit mir zu seinem Haus ging, traf er eine alte Frau. Bei ihr war ein kleines Kind. Sie hielt ihn an und begann mit ihm über ein Problem zu reden. Ich blieb stehen und sagte zu mir: „Bei Allâh, das ist kein König!“ Er nahm mich dann an der Hand und ging mit mir, bis wir sein Haus erreichten. Dort brachte er ein Lederpolster, gefüllt mit Palmenfasern, gab es mir und sagte: „Sitz darauf!“ Ich schämte mich vor ihm und sagte: „Vielmehr solltest du darauf sitzen.“ - „Nein, du.“ erwiderte er. Ich zögerte und setzte mich auf das Kissen. Der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken setzte sich auf den Boden, weil es kein anderes Polster gab. Ich sagte zu mir: „Bei Allâh, dies ist nicht das Benehmen eines Königs!“ Er wandte sich dann zu mir und meinte: „Ja, ´Adiyy ibn Hâtim! Bist du nicht ein „Rukusi“ gewesen, der einer Religion zwischen Christentum und Sabeanismus angehörte?“ „Doch!“, antwortete ich. „Hast du nicht mit deinem Volk nach dem Prinzip gehandelt, von ihnen ein Viertel zu nehmen und dabei von ihnen genommen, was deine Religion dir nicht erlaubt?“ - „Doch!“, antwortete ich und dadurch wusste ich, dass er ein Prophet war, der (von Allâh) gesandt war. Dann sagte er zu mir: „Vielleicht, o ´Adiyy, ist das Einzige, was dich davon abhält diese Religion anzunehmen, dass du die Muslime in Elend und Armut siehst. Bei Allâh, die Zeit ist nahe, da Vermögen unter ihnen fließen wird, bis niemand gefunden werden kann, es zu nehmen! Vielleicht, o ´Adiyy, ist das Einzige, was dich davon abhält, diese Religion anzunehmen, dass du die Muslime in kleiner Zahl und ihre zahlreichen Feinde siehst. Bei Allâh, die Zeit ist nahe, da du von einer Frau hören wirst, die auf ihrem Kamel von Qâdisiyya zu diesem Haus aufbricht und niemand fürchtet außer Allâh! Vielleicht ist das, was dich davon abhält diese Religion anzunehmen, dass du nur siehst, dass die Herrschaft und Macht in den Händen derjenigen bleibt, die keine Muslime sind. Bei Allâh, du wirst bald von den weißen Palästen des Landes Babylon hören, die sich für sie öffnen und den Schätzen von Chosroes, dem Sohn von Hormuz, die in ihre Hände fallen!“ - „Die Schätze von Chosroes, dem Sohn des Hormuz?“ fragte ich ungläubig. „Ja, die Schätze von Chosroes, dem Sohn des Hormuz“, bestätigte er. Daraufhin legte ich das Glaubensbekenntnis ab und erklärte meine Annahme des Islâm.“
 
Eine Überlieferung besagt, dass ´Adiyy, als er die einfache Lebensweise des Propheten sah, zu diesem sagte: „Ich bezeuge, dass du keine hohe Stellung im Diesseits und kein Verderben anstrebst.“ Und er gab seine Annahme des Islâm bekannt. Einige Leute beobachteten, wie der Prophet ´Adiyy behandelte und sagten zu ihm: „O Prophet Allâhs! Wir sahen dich etwas tun, das du mit niemand Anderem getan hast!“ - „Ja“, erwiderte der Prophet. „Dies ist ein Mann von Rang in seinem Volk. Wenn solch eine Person zu euch kommt, dann behandelt sie ehrenhaft!“ ´Adiyy ibn Hâtim  möge Allah mit ihm zufrieden sein lebte lange. Er sagte später: „Zwei Sachen (über die der Prophet sprach) sind eingetreten und eine dritte steht noch aus. Bei Allâh, sie wird gewiss eintreten! Ich habe die Frau gesehen, die Qâdisyya auf ihrem Kamel verließ und nichts fürchtete, bis sie an diesem Haus (des Propheten in Madîna) ankam. Ich selbst war im Vortrupp der Kavallerie, die sich der Schätze von Chosroes bemächtigt und sie genommen hat. Und ich schwöre bei Allâh, dass das dritte Ereignis wahr werden wird!“ Durch den Willen Allâhs trat die dritte Aussage des Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken zur Zeit des frommen und enthaltsamen Kalîfen ´Umar ibn ´Abdul´azîz ein. Das Vermögen floss so sehr unter den Muslimen, dass die Ausrufer, wenn sie die Menschen im muslimischen Herrschaftsbereich riefen, um zu kommen und Zakât zu sammeln, niemanden fanden, der diese benötigte.

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