Der Haddsch eines Kindes ist auf jeden Fall gültig, auch wenn es urteilsunfähig ist. Diese Rechtsnorm stützt sich auf folgende Überlieferung von Ibn ´Abbâs : ,,Eine Frau fragte eines Tages den Propheten über die Gültigkeit des Haddsch eines Jungen, den sie mitgebracht hatte. Er sagte ihr daraufhin: ,,Sein Haddsch ist gültig und du wiederum verdienst dafür einen Lohn. Doch ersetzt dieser Haddsch den des Islâm nicht.“
Er muss also den Pflicht-Haddsch noch verrichten, wenn er das Jünglingsalter erreicht hat. In diesem Zusammenhang sagte der Prophet : „Wenn irgendein Kleinkind den Haddsch durchführt und erst später das Jünglingsalter erreicht, so soll es den Haddsch erneut verrichten.“ (Al-Baihaqî; Al-Albânî: Authentisch)
Die Rechtsgelehrten sind übereinstimmend der Meinung, dass es einem Kind Pflicht ist, in den Weihezustand einzutreten, wenn es den Haddsch oder die ´Umra vorzunehmen beabsichtigt. In dieser Hinsicht ist es wie ein Erwachsener zu betrachten.
Hinsichtlich dessen jedoch, der die Aufgabe auf sich nimmt, ihn in diesen Weihezustand zu bringen, müssen wir unterscheiden: Ist dieses Kind urteilsunfähig, ist es dessen Vormund, der diese Aufgabe auf sich nimmt, egal ob Vater, Mutter oder Andere. Dieser Vormund sollte dann beabsichtigen, es in diesen Zustand zu bringen. Ist dieses Kind aber urteilsfähig, dann ist es dessen Vormund, der es beauftragen soll, die Absicht zu fassen in den Weihezustand einzutreten.
Ist dieses Kind im Begriff, in den Weihezustand einzutreten, dann wäscht es dessen Vormund, bekleidet es (wenn es ein Junge ist) mit einem Lendentuch (Izâr) und einem Schultertuch (Ridâ'), reinigt es und lässt es all das vermeiden, was mit dem Weihezustand nicht vereinbar ist, wie beispielsweise das Parfümieren, die Kopfbedeckung (für Jungen), das Kürzen der Haare, das Tragen genähter Kleidung und das Nägelschneiden. Handelt es sich um ein Mädchen, dann sollte es daran gehindert werden, Niqâb (Gesichtsschleier) oder Handschuhe zu tragen. Beging das Kind eine Handlung, die mit dem Weihezustand nicht vereinbar ist, wie beispielsweise die Kopfbedeckung, das Schneiden der Kopfhaare oder das Parfümieren, dann ist es nach korrekter Meinung zu nichts verpflichtet.
Insofern ein urteilsfähiges Kind zu den Riten des Haddsch fähig ist, wie zum Aufenthalt in ´Arafa, Übernachten in Minâ und Muzdalifa, zum Tawâf (rituellen Umlaufen der Ka´ba) und zum Sa´î (rituellen Lauf zwischen Safâ und Marwa), so soll es sie selbst durchführen. Fällt es ihm aber schwer, diese Riten selbst durchzuführen, nimmt sein Vormund die Aufgabe auf sich, an seiner statt diese Riten vollziehen zu lassen, wie beispielsweise das Steinewerfen, weil Dschâbir davon berichtete, dass er eines Jahres mit dem Propheten den Haddsch vollzog, wobei in ihrer Begleitung Wöchnerinnen und Kleinkinder waren.
Damals sprachen sie die Talbiya (bestimmte, während des Haddsch zu wiederholende Wörter) anstatt ihrer aus und warfen die Steine ebenso für sie. (Ibn Mâdscha)
Ibn Al-Mundhir meinte: „Alle Rechtsgelehrten, bei denen ich die religiöse Wissenschaft direkt oder indirekt erlernte, meinen, es ist erlaubt, anstatt eines Jungen die Steine zu werfen, solange er nicht dazu in der Lage ist. Selbst Ibn Umar machte dasselbe.“
Kann es weder den Tawâf noch den Sa´î selbst vollziehen, dann trägt ihn dessen Vormund und verrichtet für ihn den Tawâf und den Sa´î, wobei zu beachten ist, dass die Ka´ba zur Linken des Kindes sein sollte. Nach korrekter Meinung ist es für einen Vormund zulässig, sowohl für sich als auch für den unter dessen Vormundschaft stehenden Jungen einen einzigen Tawâf durchzuführen.
Diese Meinung basiert auf der Tatsache, dass der Prophet derjenigen Frau, die sich bei ihm über die Gültigkeit des Haddsch eines Jungen erkundigte, nicht auferlegte, für den Jungen einen selbstständigen Tawâf vorzunehmen. Wäre ein selbstständiger Tawâf in diesem Fall nötig gewesen, hätte ihr der Prophet das bestimmt erklärt.
Beabsichtigt ein Kind den Haddsch oder die ´Umra zu verrichten, dann ist es - nach korrekter Meinung - nicht dazu verpflichtet, den Haddsch oder die ´Umra zu Ende zu führen. Es ist so, da ein Kleinkind ursprünglich kein Rechtsfähiger ist. Hinzu kommt auch vor allem der Erleichterungsgeist der Scharî’a, dass es nämlich einem Vormund später möglicherweise schwer fallen könnte, den Haddsch oder die ´Umra eines unter seiner Vormundschaft stehenden Kindes zu Ende zu führen.
Wer zu diesem Thema mehr erfahren möchte, der möge in den einschlägigen Werken der islâmischen Rechtslehre nachschlagen!