Was ist zu tun, wenn meine Mutter die Pflicht zum Gemeinschaftsgebet ableugnet und mich ohne Grund daran hindert, zum gemeinschaftlichen Gebet in die Moschee zu gehen? Wenn sie beispielsweise sagt „Kein Problem, wenn du nicht in Gemeinschaft betest!“, soll ich ihr dann gehorchen?
Wenn ich ihr nicht gehorche, könnte sie mir Unrecht zufügen, indem sie mich bestraft oder mich mit Gewalt abhält, hinauszugehen. Was soll ich dann tun?
Wenn sich die anderen Familienmitglieder weigern, mit mir zu Hause gemeinsam zu beten, was dann? Alle beten hier getrennt. Was ist, wenn sie nicht mitmachen? Und was ist, wenn sie mich mit Gewalt abhalten?
Der Lobpreis gebührt Allâh und möge Allâh Seinen Gesandten sowie dessen Familie und Gefährten in Ehren halten und ihnen Wohlergehen schenken!
Über die Verpflichtung zum Gemeinschaftsgebet für Männer gibt es unter den Gelehrten unterschiedliche Auffassungen. Bei uns wird die Fatwâ nach der Meinung gegeben, dass das Gemeinschaftsgebet verpflichtend ist, ohne dies auf die Moschee festzulegen. Da das Gebet in Gemeinschaft in der Moschee eine gewaltige Belohnung mit sich bringt und von großem Vorzug und Nutzen ist, sollte ein Muslim dies nicht geringschätzen.
Wenn also deine Mutter dich ohne triftigen Grund vom gemeinschaftlichen Gebet abhalten will, so gibt es hier keinen Gehorsam. Ibn Qudâma (Allâh erbarme sich seiner) schreibt in „Al-Mughnî“: „Das gilt für alle Pflichten: Kein Gehorsam gegenüber ihnen (den Eltern), wenn sie ihn von den Pflichten abhalten wollen! Gemeint ist (in diesem Zusammenhang): Wenn der Dschihâd einem vorgeschrieben ist, wird die Erlaubnis der Eltern nicht berücksichtigt, weil er nun zu einer individuellen Pflicht geworden ist und es Ungehorsam wäre, ihn zu unterlassen. Keinen Gehorsam gibt es gegenüber jemandem, wenn dies eine Verweigerung gegenüber Allâh impliziert. Das Gleiche gilt für alles Weitere, das verpflichtend ist, wie den Haddsch, das Gebet in Gemeinschaft, das Freitagsgebet und das Reisen, um verpflichtendes Wissen zu erlernen.“
In „Fath Al-Bârî“ von Ibn Radschab wird erwähnt: „Al-Hasan wurde über einen Mann befragt, dessen Mutter ihm befahl, sein freiwilliges Fasten zu brechen. Er meinte: ‚Er bricht das Fasten und muss es nicht nachholen.‘ Ich sagte. ‚Und wenn sie ihm verbietet, das Ischâ-Gebet in Gemeinschaft zu verrichten?‘ Er sagte: ‚Das darf sie nicht, denn es ist eine Pflicht.‘ Nach einer Überlieferung von Atâ wurde ein Mann von seiner Mutter davon abgehalten, in einer dunklen, regnerischen Nacht zum Gebet in der Gemeinde zu gehen. Hierzu sagte er, ‚Gehorche ihr.‘ Dies steht nicht im Widerspruch zur Aussage von Al-Hasan. Denn dieser gab die Fatwâ, dass man der Mutter nicht gehorchen solle, wenn es um das Gemeinschaftsgebet geht, da es eine Situation ohne Entschuldigungsgrund war. Atâ hingegen erteilte seine Fatwâ, der Mutter beim Verzicht auf die Gemeinschaft zu gehorchen, weil hier ein entschuldigender Grund für die Unterlassung vorlag (nämlich das Wetter; AdÜ). Atâ stimmt gleichwohl mit Al-Hasan darin überein, dass die Gemeinschaft (für die Pflichtgebete) obligatorisch ist.“
Wenn sie dich jedoch daran hindert, in der Moschee zu beten, unter der Bedingung, dass du manche Gebete zu Hause in Gemeinschaft betest, ist es kein Problem, ihr in dieser Hinsicht zu gehorchen. Ibn Al-Muflih (Allâh erbarme sich seiner) bemerkt in „Al-Furû“: „Es ist Pflicht, ihnen (den Eltern) zu gehorchen, wenn es nicht um Ungehorsam (gegenüber Allâh) geht, denn das wäre harâm. Wenn sein Vater ihm aufträgt, das Gebet zeitlich zu verschieben, damit er mit ihm zusammen betet, dann soll er dies tun.“
Al-Buhûtî (Allâh erbarme sich seiner) schreibt in „Scharh Muntahâ Al-Irâdât“: „Wenn er (der Vater) ihm befiehlt, das Gebet zu verzögern, damit er es mit ihm zusammen verrichtet und für dieses Gebet noch reichlich Zeit ist, dann verschiebt er es und betet mit ihm. Dies geschieht eindeutig, weil der Gehorsam gegenüber dem Vater verpflichtend ist.“
Falls sie dich jedoch ständig davon abhalten will, so hat sie kein Recht dazu, auch nicht nach der Ansicht derjenigen, die meinen, dass das Gemeinschaftsgebet nur Sunna und keine Pflicht sei. In „Al-Furûq“ von Al-Qarâfî heißt es: „Schaich Abû Al-Walîd At-Tartûschî äußerte sich im Werk ‚Birr Al-Walidain‘ folgendermaßen: ‚Kein Gehorsam gegenüber ihnen (den Eltern) bei der Unterlassung einer Sunna râtiba wie der Teilnahme am Gemeinschaftsgebet, dem Unterlassen der zwei Raka Sunna im Fadschr-Gebet, dem Witr-Gebet usw., falls sie von ihm das ständige Unterlassen dieser Handlungen fordern. Anders ist es jedoch, wenn sie ihn zu Beginn einer Gebetszeit rufen. Dann muss man ihnen gehorchen, auch wenn dadurch der Vorzug eines frühen Verrichtens des Gebets verpasst wird.‘“
Bemühe dich, deine Mutter zu überzeugen, welch großer Verdienst im Gemeinschaftsgebet in der Moschee liegt und dass es eine Pflicht ist, diese Gemeinschaft zu pflegen. Wenn sie dann noch immer darauf besteht, dich davon abzuhalten und du ihr nicht zuwiderhandeln kannst oder von ihr oder anderen in deiner Familie Probleme befürchtest, dann bist du entschuldigt, so Allâh es will.
In jedem Fall musst du dich rechtschaffen gegenüber deiner Mutter verhalten und Nächstenliebe zeigen. Das Recht der Mutter ist groß, und ihr Recht verlöscht auch nicht dann, wenn sie falsch oder unrecht an dir handelt. Bemühe dich, ihr mit Freundlichkeit und Anstand gute Ratschläge zu geben. Wer Freundlichkeit, Geduld und Besonnenheit an den Tag legt, kann eher erwarten, dass seine Ratschläge angenommen werden und er das Erwünschte erreicht − in-schâ Allâh.
Und Allâh weiß es am besten!
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