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Ein historischer Rückblick auf die Verwestlichung der muslimischen Frau - Teil 1

Ein historischer Rückblick auf die Verwestlichung der muslimischen Frau  - Teil 1

Kein Thema wurde in den letzten Jahren so häufig diskutiert wie die muslimische Frau, die mit allen möglichen Vorwürfen und Gesellschaftsideologien der Europäer attackiert wurde. Dieser Angriff begann Ende des 19. Jahrhunderts und hält bis heute an. Der Grund dafür sind das abhanden gekommene Selbstbewusstsein der Muslime und der Weltherrschaftsanspruch gewisser Staaten, die meinen ihre Kultur sei die einzig wahre und jeder müsse sie annehmen.

So versucht man über die Familie die Gesellschaft und Kultur des Islâm zu ändern. Dies wird damit begründet, dass der Islâm rückständig sei, andere Gesellschaften imitiere und kein Interesse an Fortschritt und Entwicklung der Zivilisation habe und sich nicht anpassen möchte.
Jahrhunderte lang nannte man dies Kolonisation. Diese wurde zwar dem Namen nach abgeschafft, doch existiert sie heute lediglich in anderer Form weiter. Es herrscht nach wie vor das Prinzip "divide et rege – spalte und herrsche": man versucht die Einheit anderer Kulturen zu spalten um diese leichter zu beeinflussen.
Es ist bekannt, dass sich viele Denker, Wissenschaftler und „Gebildete“ in der Mitte des 19. Jahrhunderts den Kampagnen des Kolonialismus gegen den Islâm angeschlossen haben, um die Muslime zu verwirren und den die Familie wahrenden Islâm zu schwächen. Manche möge "gute" Absichten gehabt haben, doch viele verfolgten dunkle Machenschaften.
Die islâmische Gesellschaft war im Verfall begriffen, da Traditionen vorherrschten und viele Gelehrte den Islâm so sehr interpretierten, dass sie die Muslime der Lebendigkeit und Flexibilität des Islâm beraubten. So versuchten zahlreiche Gelehrte das Ruder zu Wenden und zum reinen ursprünglichen Islâm zurückzukehren.
Während des Tauziehens zwischen den Propagandisten, die keine Änderung der Lage forderten, und den Anhängern jener, die das Anheben des gesellschaftlichen Niveaus forderten, mischten sich die europäischen Kolonialmächte ein. Die Feinde des Islâm kämpfen mithin gegen die „veralteten, rückständigen Traditionen“ des Islâm.
Der Anfang des Verfalls
Zu den Reformisten gehörten etwa der ägyptische Autor Qâsim Amîn, der ein Buch über die Frau in der islâmischen ägyptischen Gesellschaft und ein Buch namens „Die Befreiung der Frau“ verfasste. Er griff somit ein heißes Eisen an und stieß bei den Traditionalisten auf Unverständnis. Er war ein Schüler Muhammad Abduhs und war vom Geist jener Bewegung beeinflusst.
Er meinte, dass die Frau ihren herkömmlichen traditionellen Hidschâb durch einen neuen ersetzen müsse. Er meinte, dass der alte Hidschâb die Frau einschränke und stützte sich dabei auf vermeintliche Beweise aus der Sunna. Doch dann propagierte er die Verwestlichung der Frau (Die neue Frau, 1900), sie solle den Hidschâb ablegen! Somit schloss er sich der reichen Oberschicht an, die eine radikale Verwestlichung forderte.
Wenn wir bedenken, dass zwischen dem ersten und zweiten Buch nur ein Jahr verging, kann man davon ausgehen, dass dieses erste Buch nur eine Vorbereitung für das zweite war, oder das zweite ihm so vorgegeben wurde, da sich ein Mensch in einer derart kurzen Zeit nicht um 180 Grad drehen kann.
Er verteidigte also nicht mehr wie bei seinem ersten Aufruf den Hidschâb, sondern rief offen dazu auf, dass der Hidschâb zerrissen werden und all seine Auswirkungen beseitigt werden müssen. Er meinte auch, dass Europa das Vorbild sei, dem wir folgen müssen und dass die europäische Zivilisation nicht nur besser als die islâmische, sondern das perfekte Musterbeispiel sei, dem man folgen müsse; sie bilde den höchsten Gipfel, den die Menschheit je erreichen könne!
Die Frau und die Globalisierung der Werte
Der Aufruf Qâsim Amîns hat sich also über 100 Jahre erhalten. Während dieses Zeitraums haben sich Gesellschaft, Kultur und Denkweise im Westen und in der islâmischen Welt verändert. In diesem Zeitraum hat der Aufruf der „Befreiung der Frau“ zugenommen und wir können heute beobachten, wie die Ereignisse aufeinanderfolgten, sodass das Ausmaß dieser Kampagne an der islâmischen Gesellschaft zu sehen ist.
Dieses Thema wird heute nicht mehr so wie damals diskutiert. Früher war es nur eine Diskussion unter einzelnen Personen, eine einmalige Initiative oder ein Gefecht zwischen den Unterstützern und den Anfechtern, zwischen den Unterstützern der Verwestlichung der Frau und den gläubigen Muslimen. Nein, diese Angelegenheit wird heutzutage weltweit diskutiert. Diese Angelegenheit ist also in der ganzen Welt bekannt, das heißt, die muslimische Frau und die islâmische Familie sind Bestandteil der Konfrontation der beiden Parteien.
Seit 1994 finden ununterbrochen Konferenzen und internationale Treffen statt, die das Ziel haben, die säkularen Länder, ihre Denkweise und Gesellschaftsvorstellungen auf die anderen Länder zu übertragen. Zu jenen Ländern gehören auch die islâmischen Staaten, die von den Säkularisten auserwählt und in den Bereichen Regelung der Familie, Situation der Frau und Moralvorstellungen der Heirat bevorzugt wurden.
Im Jahre 1994 gab es eine Parlamentssitzung sowie eine Entwicklungskonferenz in Kairo, 1995 in Peking die Konferenz für die Gesundheit während der Entbindung; 1998 wurde die gleiche Konferenz auch in Kairo abgehalten. Im Juni wurde in Bangkok eine Versammlung über Jugendliche abgehalten.
All diese Versammlungen begannen im 20. Jahrhundert und gingen bis ins 21. Jahrhundert. Sie sind als Vorbereitung zur „Befreiung“ der Frau anzusehen. Seit einem Jahrhundert wird also Schritt für Schritt versucht, die Frau zu „befreien“. All dies geschah nicht auf einmal, sondern schrittweise. Der Plan besteht darin, nach Erreichen eines Zwischenziels sofort das nächste anzupeilen, damit diese Kampagne immer weitergetrieben wird und nicht zum Stillstand kommt, bis die Säkularisten ihr Ziel erreicht haben.
Danach war es den Säkularisten möglich, ihre westlichen Weltvorstellungen in die islâmische Gesellschaft einzuschleusen; beispielsweise durch Orientalisten, angeblich gebildete Leute, durch andere Gruppen und Vereinigungen (darunter verschiedene Frauenvereinigungen, die sich zum Säkularismus bekennen und mit Hilfe der Medien, Bücher und westlichen Finanzierungshilfen Einfluss auf die Menschen ausüben wollen).
Die Frauenvereinigungen in den islâmischen Ländern bildeten mit den Frauenvereinigungen in Europa eine Gruppe und arbeiteten koordiniert zusammen. Dies war auch Grund dafür, dass es weitere internationale Treffen zum Thema der Frau gab. Die Empfehlungen und Forderungen der Säkularisten mussten die nicht westlichen Länder nicht nur durch den Einfluss des Säkularismus über sich ergehen lassen, sondern auch durch den Einfluss der Frauenorganisationen und Fraktionen, die sich durch die Hilfe der Säkularisten einen Namen in jenen islâmischen Ländern gemacht haben und dort auch Druck ausüben.
Jene Frauenorganisationen üben Druck auf die Regierung aus und machen ihre Forderungen auch bekannt. Sie wollen, dass die Regierungen die Gesetze in Bezug auf Familie und Heirat ändern, so dass sie mit den Forderungen und Beschlüssen der internationalen Versammlungen und Treffen übereinstimmen.
Diese Entwicklung in der Angelegenheit „der Befreiung der Frau“ hat – gemäß ihren Vorstellungen und über die man aus Angst vor der Wahrheit nicht diskutieren sollte – eine neue Weltordnung geschaffen. Eine Internationalisierung der Werte der Familie und besonders der Werte der Frau. Die Globalisierung hat diese Kampagne noch vorangetrieben. Nicht nur diese Versammlungen üben Einfluss aus, sondern es sind auch neue Helfer dazu gekommen, sprich die Medien und die Kommunikationsrevolution, die Moral und Meinungen der Muslime verändern will.
Die Internationalisierung soll vor allem die arabischen Länder und die Muslime beeinflussen. Diese neue Kraft hat den Leuten ganz neue Ansichten gebracht, darunter Folgendes: Die Liberalisierung der Moral (es gibt keine Richtlinie mehr), jeder darf wählen, was er möchte, keine Heirat sowie die uneingeschränkte Kontrolle des Individuums über sich selbst.

Ein historischer Rückblick auf die Verwestlichung der muslimischen Frau – Teil 2

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