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Einführung in die Qurânwissenschaften - Teil 3: Auswendiglernen als mündliche Bewahrung

Einführung in die Qurânwissenschaften - Teil 3: Auswendiglernen als mündliche Bewahrung

Auswendiglernen als mündliche Bewahrung

Das erste Mittel zur Bewahrung des Qurân war und ist noch die mündliche Weitergabe. Das allgemein bekannte Prinzip der mündlichen Bewahrung wird in der muslimischen Literatur Tawâtur genannt, was man mit „stetige Aufeinanderfolge“ oder „ununterbrochene Weitergabe“ übersetzen könnte. Der Qurân selbst beschreibt die Offenbarung als die mündliche Vermittlung eines mündlichen Textes: „Wir werden dich lesen lassen, und dann wirst du nichts vergessen.“ (Sûra 87:6)

Daher war bzw. ist der erste und beste Schutz vor Verfälschungen und Entstellungen des offenbarten Textes die hohe Anzahl von Qurânlesern, die den Text auswendig beherrschen und über eine weite geografische Fläche verstreut waren bzw. sind.
Nach der Verkündigung der Botschaft des Islâm gab es zu Lebzeiten des Propheten Muhammad  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken im Hauptherd des Islâms damals, also in Madîna und Makka, eine große Anzahl von Hâfiz (Pl. huffâz und Hâfizûn), so nennt man die Menschen, die den ganzen Qurân auswendig können. Bemerkenswerterweise bedeutet dabei das Wort hâfiz ursprünglich „Bewahrer“.
Diese Sorge um die Bewahrung des Wortlautes kann man nie genug bewundern, wenn man zuerst an den unermüdlichen Eifer der frühen Gläubigen für den Islâm als die neue Religion und an das kulturelle Niveau der Araber von damals denkt.
Die Eigenart der Offenbarung als mündliche Vermittlung forderte vom Propheten  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken die ständige Revision und auch die Nachprüfung der Form. Das musste exakt den Wortlaut der von ihm empfangenen Offenbarungen haben.
Die Quellen versichern die folgende Tatsache: Jedes Jahr im Ramadân trug der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken dem Erzengel Gabriel den bisher offenbarten Teil des Qurân vor. Im letzten Jahr ließ Gabriel den Propheten den ganzen Qurân zweimal wiederholen. Dabei beschäftigte sich der Prophet auch damit, die Reihenfolge der Verse und Sûren nachzuprüfen. Diese Sorgfalt war wegen des fortlaufenden Empfangs neuer Offenbarungen erforderlich. Die letzte Vergleichung (‘ardah âchîrah) hat Berühmtheit erlangt. Außerdem war der Prophet gewohnt, in jeder Nacht des Fastenmonats einen zusätzlichen Gottesdienst von außergewöhnlicher Dauer zu halten. Er verrichtete diese Gebete oft öffentlich in Gesellschaft seiner Gefährten. Der Prophet  möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken trug jede Nacht den Qurân teilweise vor, so dass der ganze Qurân im Laufe des Monats rezitiert wurde.
Der Qurân war also seinem Wesen nach das mündlich übermittelte Wort Allâhs. Er wurde vorgetragen, wiederholt und im Herzen bewahrt. Der Qurân wurde im Laufe der Geschichte von einer Generation zu der anderen auf diese Weise mündlich weitergegeben, und zwar durch diese ungeheure Anzahl von Hâfiz, einmal im Sinne von „Bewahrer“ und ein anderes Mal im Sinne von „diejenigen, die den gesamten Qurân auswendig konnten“.

Bis heute noch gibt es viele Leute, die den ganzen Qurân auswendig lernen. Es sind Menschen unterschiedlicher Altersstufen: Kinder Frauen und Männer, Junge und Alte, Araber und Nichtaraber, Fachleute und Interessenten.

Einführung in die Qurânwissenschaften - Teil 2: Bewahrung der Qurânoffenbarung zwischen Rezitation und Aufzeichnung

Einführung in die Qurânwissenschaften - Teil 4: Niederschrift des Qurân

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